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September 8, 1989

Ambassadors’ Conference at the Austrian Foreign Ministry, Vienna

Resüméprotokoll Botschaftskonferenz 1989; Arbeitsgruppe Ost-West

 

Herr Sektionsleiter:[1] kurze Darstellung des Diskussionsthemas (Beilage A).[2]

 

Bot. Schallenberg:[3] nach anfänglicher Skepsis Frankreichs gegenüber Perestroika Einschwenken auf Linie anderer westl. Staaten (Entwicklung positiv, soll unterstützt werden). Intensivierung der Ostpolitik, auch aus Konkurrenzgründen gegenüber BRD. Starkes Interesse für Polen, Ungarn. Gewisse Angst vor allfälliger Wiedervereinigung Deutschlands, daher Bestrebung, BRD in möglichst enge Zusammenarbeit einzubinden.

 

Bot. Lennkh:[4] Auch OECD beginnt sich mit Veränderung in Osteuropa zu befassen, wenn auch noch keine offizielle Diskussion. Skepsis einiger Staaten, z.B. Belgiens. US-Anregung: technische OECD-Hilfe (Statistiken etc.) für Oststaaten.

 

Bot. Wunderbaldinger:[5] Deutsch-Deutsches Verhältnis: Auf zahlreiche Gebieten vertragl. Regelungen, starke Kontakte auf verschiedenen niedrigen Ebenen. Großer Besucherstrom in beiden Richtungen.

 

Bot. Rudofsky:[6] Veränderung im Verhältnis SU-Finnland: heute weniger Ritual als matter of fact-relationship. Sorge vor politischer Destabilisierung der SU. Deutschlandfrage: Wiedervereinigung würde Aktualität des finnisch-sowjetischen Vertrages 1948[7] erhöhen.

 

Bot. Weinberger:[8] Belgische Haltung gegenüber Perestroika modifiziert, heute grundsätzlich positive Beurteilung, weniger Skepsis. Prozess aber nicht irreversibel.

 

Bot. F. Schmid:[9] Früher Kontakte USAP[10] nur mit Parteien aus Österreich, BRD, Finnland. Heute Kontakte mit zahlreichen Parteien des Westens. Westliche Unterstützung für Reformprozess in Ungarn eher verbal, wenig konkrete Hilfsmaßnahmen.

 

Bot. Bauer:[11] Westen war auf den so herbeigewünschten Reformprozess im Osten nicht vorbereitet, besitzt kein Konzept. BRD sieht EG als Einbettungsplatz in Westeuropa (Herausführen aus Status des besiegten Landes). Bonn sucht EG in eigene Deutschlandpolitik einzubinden. Verhältnis BRD-DDR: Über innerdeutschen Handel wenig Informationen. Gespräch Bonn-Berlin über Anpassung des innerdeutschen Handels an Binnenmarktregelungen. BRD strebt osmotisches Verhältnis zu DDR an. Wiedervereinigung im Bismark’schen Sinn nicht gesucht.

 

Bot. Leifer:[12] In Jugoslawien gemischte Gefühle gegenüber Reformprozess. Ideologen: skeptisch, Angst vor Entwicklung in Ungarn, Polen (Mehrparteiensystem) könnte durch Westen als Präzedenz für Jugoslawien erachtet werden. Furcht vor Parallelen der Vielvölkerstaaten SU – Jugoslawien. Jugoslaw. Politiker: Positive Einschätzung des Reformkurses Gorbatschows. Prozess wird bis zu gewissem Grad als irreversibel angesehen. (Verlangsamung möglich, aber kein Rückfall).

Albanien: kein Einschwenken auf Reformkurs (chines. Beispiel!).

 

Bot. Ziegler:[13] In Luxemburg Interesse für Reformprozess. Differenzierung zwischen einzelnen Oststaaten (besonders positive Beurteilung Ungarns). Bewegung des Ostens in Richtung Westen birgt Gefahr, dass Abgrenzung Österreichs gegenüber dieser Region optisch verschwimmen könnte.

 

Bot. Somogyi:[14] KP Polens will nicht Abdankung des Kommunismus sondern Eliminierung der negativen Elemente. Westliche Hilfe für Polen bisher enttäuschend. Westen wäre nicht in der Lage, Krise der polnischen Wirtschaft zu lösen. Gewisse US-Befürchtungen vor Destabilisierung der Region durch Bestellung eines nicht-kommunistischen Min. Präs.[15] Revanchismus gegenüber Kommunisten würde zur Krise führen.

 

Bot. Mussi:[16] Verhältnis SU-Schweden: Historischer Gegensatz, aber de facto gutes Verhältnis. Großes Interesse Schwedens für Vorgänge in SU (besonders Baltikum), Polen.

 

Bot. Hoess:[17] Reformkurs Gorbatschows ideologischer Erfolg für USA. Unterstützung der Perestroika, aber Reformen müssen durch SU selbst durchgeführt werden. Keine direkte Hilfe (Negativbeispiel Ungarn 56). Deutsch-Deutsches Verhältnis: USA fürchten, quasi als einziger westlicher Staat, nicht eine Wiedervereinigung.

 

Herr Sektionsleiter: Resumé: Umgestaltungsprozess im Osten wurde im Westen herbeigesehnt, traf diesen aber völlig unvorbereitet. Entspannungsprozess Resultat der wirtschaftlichen Unmöglichkeit des permanenten Weiterrüstens. Dies wäre voraussehbar gewesen. Vorgänge im Osten positiv zu beurteilen, aber Gefahr des Ausuferns und eines daraus resultierenden Destabilisierungseffektes. Österreich begrüßt Umwälzungen im Osten, diese bergen jedoch Gefahr, dass Österreich einer Art Grauzone Mitteleuropa zugeordnet werden könnte. Wiedervereinigung Deutschlands: Zwar theoretisches Diskussionsthema, aber derzeit nicht Realität.

Plattner m.p.[18]

 

[1] Botschafter Erich Maximilian Schmid, Leiter der Sektion II (Politische Sektion) im österreichischen Außenministerium.

[2] Beilage A im Originaldokument nicht enthalten. Diskussionspunkte des Gespräches waren: 1) Haltung des Westens zu Ost-Reformen (Reformeinschätzungen durch den Westen, Möglichkeiten der Unterstützung der Ost-Reformen, Technologietransfer, Auswirkungen, der Ost-Reformen auf Sicherheitspolitik des Westens insbesondere EG, deutsch-deutsches Verhältnis), 2) Haltung des Ostens zur Europäischen Integration (Möglichkeiten und Grenzen einer Teilnahme der Oststaaten an der Europäischen Integration), 3) Ost-Reformen und Österreich (Auswirkungen auf die Bedeutung der Neutralität, Auswirkungen auf die österreichische EG-Politik, Wirtschaftsbeziehungen zum Osten).

[3] Wolfgang Schallenberg, österreichischer Botschafter in Frankreich (1988–1993).

[4] Georg Lennkh, Vertreter Österreichs bei der OECD (1983–1993).

[5] Franz Wunderbaldinger, österreichischer Botschafter in der DDR (1985–1990).

[6] Hans Georg Rudofsky, österreichischer Botschafter in Finnland (1986–1990).

[7] Der 1948 abgeschlossene Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand verpflichtete Finnland bewaffnete Angriffe auf finnisches Territorium oder über dessen Staatsgebiet auf die Sowjetunion abzuwehren.

[8] Heinz Weinberger, österreichischer Botschafter in Belgien (1988–1993).

[9] Franz Schmid, österreichischer Botschafter in Ungarn (1988–1992).

[10] Ungarische Sozialistische Arbeiterpartei.

[11] Friedrich Bauer, österreichischer Botschafter in der Bundesrepublik Deutschland (1986–1990).

[12] Paul Leifer, österreichischer Botschafter in Jugoslawien (1985–1991).

[13] Klaus Ziegler, österreichischer Botschafter in Luxemburg (1988–1992).

[14] Andreas Somogyi, österreichischer Botschafter in Polen (1987–1989).

[15] Am 12. September 1989 übernahm Tadeusz Mazowiecki als erster nicht-kommunistischer Ministerpräsident Polens die Regierungsgeschäfte.

[16] Ingo Mussi, österreichischer Botschafter in Schweden (1986–1989).

[17] Friedrich Hoess, österreichischer Botschafter in den USA (1987–1992).

[18] Johann Plattner (geb. 1932), Leiter der Abteilung II/1 (West- und Nordeuropa) der Sektion II im österreichischen Außenministerium (1987–1993).

Minutes Summary of the Ambassadors’ Conference, 1989; Working group East-West

 

Section Head: Ambassador Erich Maximilian Schmid, Head of the Political Section of the Austrian Foreign Ministry (1987–1990).[1] summary of the discussion thread (enclosure A).[2]

Ambassador Schallenberg:[3] After initial skepticism towards Perestroika, France shifted in line with the other western states (a positive development, to be supported). Intensification of politics toward the east, also for reasons of competition with the FRG. Strong interest for Poland, Hungary. A certain fear of possible German reunification, therefore endeavoring to involve FRG in the closest possible cooperation.

Ambassador Lennkh:[4] Also the OECD[5] is beginning to deal with these changes in Eastern Europe, with still no official discussion. Skepticism of some countries, for example, Belgium. US suggestion: technical OECD assistance (statistics, etc.) for Eastern countries.

Ambassador Wunderbaldinger: German-German relationship: contractual regulations in many areas, strong contacts at various low levels. Large flow of visitors in both directions.

Ambassador Rudofsky:[6] Change in the USSR-Finland relationship: today less ritual than matter-of-fact relationship. Fear of political destabilization of the USSR. Germany Question: reunification would increase timeliness of the Finnish-Soviet Treaty of 1948.[7]

Ambassador Weinberger:[8] Belgian attitude toward Perestroika modified, generally a positive assessment today, less skepticism. Yet, the process is not irreversible.

Ambassador Schmid:[9] Previously, contacts of the HSWP[10] existed only with parties from Austria, Germany, Finland. Today, numerous contacts with parties in the West. Western support for the reform process in Hungary mostly verbal, little concrete assistance.

Ambassador Bauer:[11] The West was not prepared for the so strongly desired reform process in the East, and has no concept. FRG sees the EC as a place to embed itself in Western Europe (leading it out of the status of a defeated country). Bonn wants to include the EC in its own policy on Germany. Relationship FRG-GDR: little information about inner-German trade. Meeting of Bonn-Berlin about adapting German internal trade to internal market rules. FRG seeks osmotic relationship to GDR. Reunification in the Bismarkian sense is not sought.

Ambassador Leifer:[12] Mixed feelings in Yugoslavia about the reform process. Ideologists: skeptical, afraid of development in Hungary, Poland (multiparty system) could be considered by the West as a precedent for Yugoslavia. Fear of parallels between multiethnic states USSR – Yugoslavia. Yugoslavian Politicians: Positive assessment of Gorbachev’s reform path. Process is considered to some extent to be irreversible. (Deceleration possible, but no relapse). Albania: no pivoting on reform path (Chinese example!).

Ambassador Ziegler:[13] In Luxembourg, interest for the reform process. Differentiation between individual Eastern countries (particularly positive assessment of Hungary). Movement of the east to the west poses a danger that could optically blur Austria’s demarcation from this region.

Ambassador Somogyi:[14] Poland’s communist party does not want to abdicate communism but rather eliminate the negative elements. Western aid to Poland has been disappointing. The West is not prepared to solve the crisis of the Polish economy. Certain US fears of destabilization in the region through the appointment of a non-communist prime minister.[15] Revenge against communists would lead to crisis.

Ambassador Mussi:[16]

Relationship USSR-Sweden: Historical opposites, but a de facto good relationship. Sweden takes great interest in developments in the USSR (especially the Baltics), Poland.

Ambassador Hoess:[17] Gorbachev’s reform path is an ideological success for the USA. Support of Perestroika, but reforms must be carried out by the USSR itself. No direct aid (negative example of Hungary 56). German-German relationship: the USA is quasi the only Western country, which does not fear a reunification.

Section Head: Summary: the transformation process in the East was desired by the West, yet was completely unprepared for this. The reduction of tensions resulted from the economic impossibility of a permanent arms race. This would have been predictable. Processes in the East are to be assessed positively, but there is danger of it spiraling out of control and resulting in destabilization. Austria welcomes upheavals in the East, but these pose a danger that Austria could be associated with a kind of gray zone of Central Europe. German reunification: a theoretical discussion topic indeed, but not currently a reality.

Plattner m.p.[18]

 

[1]Ambassador Erich Maximilian Schmid, Head of the Political Section of the Austrian Foreign Ministry (1987–1990).

[2]Enclosure A is not attached to the original document. Discussion items of the meeting were: 1) attitude of the West to East reforms (reform assessments by the West, possibilities of supporting Eastern reforms, technology transfer, impact, the influence of Eastern reforms on security policy of the West in particular, EC, German-German relationship), 2 ) attitude of the East to European integration (possibilities and limits of participation of the eastern states in European integration), 3) Eastern reforms and Austria (impact on the importance of neutrality, impact on the Austrian EC policies, economic relations with the East).

[3]Wolfgang Schallenberg, Austrian Ambassador to France (1988–1993).

[4]Georg Lennkh, representative of Austria at the OECD (1983–1993).

[5] Organisation for Economic Co-operation and Development.

[6]Hans Georg Rudofsky, Austrian Ambassador to Finland (1986–1990).

[7]Sealed in 1948, the Agreement of Friendship, Cooperation, and Mutual Assistance obliged Finland to defend against armed attacks on Finnish territory or over its territory on the Soviet Union.

[8]Heinz Weinberger, Austrian Ambassador to Belgium (1988–1993).

[9]Franz Schmid, Austrian Ambassador to Hungary (1988–1992).

[10]Hungarian Socialist Workers’ Party.

[11]Friedrich Bauer, Austrian Ambassador to the Federal Republic of Germany (1986–1990).

[12]Paul Leifer, Austrian Ambassador to Yugoslavia (1985–1991).

[13]Klaus Ziegler, Austrian Ambassador to Luxemburg (1988–1992).

[14] Andreas Somogyi, Austrian Ambassador to Poland (1987–1989).

[15] On 12 September 1989, Tadeusz Mazowiecki took over government affairs as the first non-communist Prime Minister of Poland.

[16] Ingo Mussi, Austrian Ambassador to Sweden (1986–1989).

[17] Friedrich Hoess, Austrian Ambassador to the USA (1987–1992).

[18]Johann Plattner Head of the Department for Western and Northern Europe of the Political Section of the Austrian Foreign Ministry (1987–1993).

Summary of discussion between Austrian Foreign Minister Erich Maximilian Schmid and ambassadors from Belgium, Finland, Yugoslavia, Luxembourg, and Sweden about the state of Eastern Europe, the decline of the arms race, and Western reactions to German Reunification.


Document Information

Source

ÖStA, AdR, BMAA, II-Pol 1989, GZ. 502.00.00/13-II.1/89. Obtained and translated by Michael Gehler and Maximilian Graf.

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Original Uploaded Date

2017-10-11

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Memorandum of Conversation

Language

Record ID

165710