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September 19, 1989

Analysis by Envoy Thomas Nowotny, 'The Specter of German Reunification'

Das Gespenst der deutschen Wiedervereinigung

 

Ein Gespenst geht um in Europa. Es ist das Gespenst der deutschen Wiedervereinigung und es erschreckt die Westeuropäer. Diese Furcht steht – selten eingestanden – hinter vielen Diskussionen um die Zukunft der europäischen Sicherheit.

Weniger schreckensgebannt sind offenbar die beiden Supermächte. Sowohl aus den USA als auch in der UdSSR hört man gelegentlich, dass eine deutsche „Wiedervereinigung“ nicht nur möglich, sondern möglicherweise sogar wünschenswert sein könnte. Die Erwartung, die man daran in den USA und in der UdSSR knüpft, sind allerdings gegensätzlich: Die USA erwartet, dass ein wiedervereinigtes Deutschland gegen Osten drängt, und die UdSSR schwächen würde. Die UdSSR erwartet sich von einem wiedervereinigten Deutschland dessen Ausscheren aus der NATO und damit eine fatale Schwächung der NATO.

Diese Diskussion über die deutsche Wiedervereinigung kommt in gewisser Hinsicht überraschend. Immerhin schien die BRD durch ihre Ostverträge,[1] durch die Anerkennung der DDR, sowie durch ihre Einbindung in den KSZE-Prozess den Status Quo in Europa und damit auch die Existenz zweier deutscher Staaten endgültig und unwiderruflich und ohne Hintergedanken akzeptiert zu haben. Es ist daher die Frage, wie ernst gegenüber diesen harten Tatsachen das nun neu aufflammende Gerede von einer Wiedervereinigung ist. Steckt wirklich nicht mehr dahinter als eine lediglich vordergründige und rein verbale Reaktion auf das Vordringen der rechtskonservativen nationalistischen „Republikaner“ in der BRD?[2] Oder ist die Sache doch ernster zu nehmen.

Die Frage wurde bei der Botschafterkonferenz Anfang September[3] andiskutiert. Sowohl der Botschafter in Berlin[4] als auch der in Bonn[5] war übereinstimmend davon überzeugt, dass das Gerede nicht ernst zu nehmen sei. Niemand in politischer Verantwortung, meint der österreichischer Botschafter in Bonn, würde wirklich eine „Wiedervereinigung“ mit der DDR anstreben. Das Nebeneinander der beiden Staaten würde von praktisch allen akzeptiert. Das maximale und von fast allen politischen Parteien getragene Ziel einer „Deutschlandpolitik“ wäre lediglich, die zwischen diesen beiden Staaten bestehenden Kontakte auf allen Ebenen zu verdichten.

Der österreichische Botschafter in Berlin meinte, dass es auch in der DDR keinen großen Druck zu radikalen Veränderungen gäbe. Mit plötzlichen Aufwallungen und Kursänderungen sei nicht zu rechen. Weil er im Großen und Ganzen funktioniert, würde der Staat von der Bevölkerung auch akzeptiert.

Die Stellungnahmen der beiden Botschafter beschreiben – wahrscheinlich akkurat – einen jetzt gegebenen Zustand. Sie gehen davon aus, dass dieser Zustand im wesentlichen unverändert, fortbestehen wird. Das kann, das muss aber nicht so sein. Einiges spricht dafür, dass sich in den beiden deutschen Staaten die Haltung zur „Wiedervereinigung“ ändert. In beiden deutschen Staaten gibt es Anzeichen für eine grundsätzliche Änderung des politischen Klimas. In der BRD z.B. hat der Historiker-Streit (in dem Deutschlands Kriegsschuld relativiert wurde)[6] den emotional-politischen Bezugsrahmen verändert, in dem in der Nachkriegszeit die internationalen Beziehungen verankert waren. Vor drei-vier Jahren wäre es auch undenkbar gewesen, dass von einem hochrangigen Politiker und viele Jahre nach deren Anerkennung durch den Warschauer Vertrag[7] – die polnisch-deutsche Grenze wieder in Frage gestellt wird. Das hätte damals, vor drei-vier Jahren, einer politischen Karriere noch das Ende bereitet. Nicht so heute.[8] Es hat sich vielmehr in den der gesamten Einstellung zum europäischen Osten eine neue Haltung aufgebaut – offensichtlich und allmählich und erneut der Glaube an eine besondere „deutsche Ostmission“. Diese Mission geht weit über die „Ostpolitik“ Willy Brandts hinaus. Diese hatte im wesentlichen ja nur das Akzeptieren des Status quo zum Ziel. Die Ziele der heutigen deutschen Ostpolitik sind ehrgeiziger. In ihrem neuen Nationalismus, dem aggressiven Eintreten für die Wiedervereinigung, in ihrer Skepsis gegenüber dem Westen und der europäischen Integration sind die rechts-konservativen „Republikaner“ also das Symptom einer politischen Stimmungsänderung, von der weit mehr als nur ihre Wähler erfasst sind.

Die DDR scheint in vielem der solideste kommunistische Staat – vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht. Dennoch steht dieser Staat politisch auf tönernen Füssen. Die Bindekraft der kommunistischen Ideologie ist – wenn sie je groß war – jedenfalls verschwunden. Dies geschah auch in anderen kommunistischen Staaten. Diese anderen Staaten können ihren sozialen Zusammenhalt und ihre Identität aber auf etwas anderes stützen als auf die kommunistische Ideologie – auf Religion oder – zumeist – auf Nationalismus. Einen DDR-Nationalismus gibt es wahrscheinlich nicht. Bestenfalls das Gefühl einer gewissen Heimatverbundenheit. Man hat sich in der DDR wahrscheinlich auch an gewisse komfortable Einrichtungen des „real-existierenden Sozialismus“ gewöhnt – wie sichere Arbeitsplätze, billige Grundnahrungsmittel und Wohnungen etc. Aber das alleine sichert noch nicht die Identität und gerade dieser Komfort wird im Zuge der auch in der DDR früher oder später notwendigen Wirtschaftsreform allmählich schwinden. Ebenso wird es immer schwieriger, den Staat mit diktatorischen Maßnahmen zusammenzuhalten. Wohin, wenn nicht hauptsächlich an die BRD, würde sich aber die DDR wenden, wenn ihre wirtschaftliche und politische Öffnung unaufschiebbar geworden ist?

Die Wiedervereinigung steht also in Zukunft sehr wohl auf der politischen Tagesordnung der beiden deutschen Staaten. Formell können die übrigen – und vor allem die westeuropäischen – Staaten dagegen nichts einwenden. Das Prinzip der Selbstbestimmung ist ja international anerkannt. Offen wird dieses Prinzip auch von keinem westeuropäischen Staat in Frage gestellt und so auch nicht im Hinblick auf seine Anwendung für die beiden deutschen Staaten. Tatsächlich wünscht natürlich niemand eine wirkliche Anwendung dieses Prinzips durch eine „Wiedervereinigung“. Diese Furcht wird aber nicht laut artikuliert. Zu sehr ist man sich bewusst, dass man durch ein offenes Auftreten gegen die Wiedervereinigung nur die extremen und nationalistischen Kräfte der Bundesrepublik stärken würde. Es gibt in dieser Frage also keinen offenen politischen Dialog mit der BRD – nur uneingestandene stumme Furcht.

Ob überhaupt und in welcher Form und wann es zu einem Zusammenschluss der deutschen Staaten kommt, das ist gewiss unsicher. Jedenfalls kann man nicht ausschließen, dass der Drang nach „Wiedervereinigung“ in beiden deutschen Staaten, vor allem aber in der BRD, aufhört ein bloß abstraktes und fernes Ziel zu sein und zu einem konkreten Anliegen wird. Man sollte die Möglichkeit einer Wiedervereinigung also ernst nehmen und ernsthaft untersuchen, was denn deren Folgen wären. Würde eine solche Wiedervereinigung tatsächlich die gesamte Nachkriegsordnung sprengen?

Eine Wiedervereinigung wäre für diese Ordnung sicher ein gewaltiger Schock. Es wird im folgenden argumentiert, dass an ihm die europäische Nachkriegsordnung nicht zerbrechen müsste. Auch ein wiedervereinigtes Deutschland wäre nicht so stark, dass es den europäischen Kontinent wirtschaftlich und militärisch dominieren würde. Es wäre lediglich ein sehr großer Staat unter den anderen großen europäischen Staaten.

 

 

Einwohner 1985

Einwohner 2025

Fläche in km2

BRD

61,0

57,2

249.000

DDR

16,6

17,3

108.000

Zusammen

77,6

74,5

357.00

Frankreich

55,2

63,7

547.000

Italien

57,1

58,5

301.000

ČSSR

17,5

18,5

127.000

Polen

37,2

48,0

312.000

Zusammen

54,7

66,5

439.000

 

Die Fläche eines wiedervereinigten Deutschlands wäre 357.000 km2 und weit geringer als die zusammengenommene in Polen und der ČSSR (439.000 km2).

In der DDR wächst die Bevölkerung langsam, in der BRD geht sie stark zurück. Im Jahr 2025 hätte ein „wiedervereinigtes Deutschland“ eine Bevölkerung von 74,5 Millionen, Frankreich demgegenüber eine Bevölkerung von 63,7 Millionen, die ČSSR und Polen zusammengenommen eine Bevölkerung von 66,5 Millionen.

In der BRD ist nicht nur das Bevölkerungswachstum gering (oder sogar negativ), auch wirtschaftlich ist die BRD weit weniger dynamisch als sie selbst und andere europäischen Staaten das gemeinhin annehmen. Der verlässlichste Maßstab für die Entwicklung von Wirtschaftsmacht ist die Entwicklung der Produktivität. Die der BRD hat sich seit 1960 nur langsam und weit weniger gesteigert als die Frankreichs und Italiens.

 

Brutto-Inlandsprodukt pro Kopf zu Kaufkraftparitäten[9]

1960, 1986 und 1987

 

Es ist anzunehmen, dass sich diese Entwicklungen fortsetzen werden, sodass Frankreich in spätestens 10 Jahren die BRD an absoluter Wirtschaftsmacht eingeholt haben wird.

Man muss davon ausgehen, dass selbst bei einer Wiedervereinigung die jetzige DDR nicht sofort auf das wirtschaftliche Niveau der BRD gebracht werden könnte. Man könnte daher vermuten, dass auch noch im Jahr 2025 die Produktivität auf dem Gebiet, das heute die DDR ist, etwas – vielleicht um 15% – unter der Produktivität der jetzigen BRD liegen würde. Das gesamte Wirtschaftspotential der vereinigten beiden Gebiete würde daher im Jahre 2025 ungefähr der Wirtschaftsmacht entsprechen, über die dann Frankreich verfügen wird.

Die Wirtschaftsmacht eines „wiedervereinigten Deutschlands“ muss aber nicht nur der Frankreichs, sondern auch der der übrigen westeuropäischen Staaten gegenübergestellt werden. Vor allem die südlichen EG-Staaten (wie Italien und Spanien) werden sich – so wie bisher auch in Zukunft – wirtschaftlich rascher entwickeln; sodass sich auch das wirtschaftliche und politische Gewicht dieser EG-Staaten im Vergleich zur BRD oder zu einem „wiedervereinigten Deutschland“ erhöhen wird.

Auch ein wiedervereinigtes Deutschland wäre also von seiner Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft her nicht wesentlich mehr als die BRD heute ist: nämlich eine unter den mächtigsten Nationen Europas.

Die Folgen einer „Wiedervereinigung“ können allerdings nicht nur vom rein wirtschaftlichen, sie müssen auch vom militärisch sicherheitspolitischen Standpunkt aus beleuchtet werden. Was wären auf diesem Gebiet die Folgen einer „Wiedervereinigung“?

 

Militär- und sicherheitspolitische Aspekte einer „Wiedervereinigung“

Die „Wiedervereinigung“ wird manchmal in Zusammenhang gebracht mit einer „Neutralisierung“ des dann vereinigten Deutschlands. Die Neutralisierung wäre Voraussetzung oder Folge eines Zusammenschlusses der beiden deutschen Staaten.

Dazu ist erstens das zu sagen, was seinerzeit auch Chruschtschow[10] dem damaligen Außenminister Kreisky[11] gesagt hat: Die Neutralität ist ein Status, der einem kleineren Staat angemessen ist, der sich geographisch-sicherheitspolitisch zwischen zwei Mächten befindet. Er kann aber nicht auf einen Staat Anwendung finden, der auf Grund seines großen eigenen Gewichtes, ob er das nun will oder nicht, zu einem maßgeblichen Faktor für die internationalen Beziehungen wird. Die Ostpolitik eines wiedervereinigten Deutschlands wäre selbst dann, wenn dieser Staat formal, „neutral“ wäre, in ihrer praktischen Wirkung nicht neutral. Was immer ein großer Staat unternehmen würde, das hätte weitreichende Folgen sowohl im Westen wie auch im Osten des Kontinents. Ob zum Beispiel ein kleiner neutraler Staat sich an Sanktionen beteiligt, das erhöht oder vermindert die Wirksamkeit solcher Sanktionen nur unerheblich. Ob ein Staat mit mehr als 70 Millionen Einwohnern mitmacht, das entscheidet aber sehr wohl darüber ob solche Sanktionen wirksam sind.

Zweitens würde eine „Neutralisierung“ der jetzigen BRD (so wie es z.B. im beiliegenden Artikel der neokonservative amerikanische Intellektuelle Irving Kristol vorschlägt)[12] das westliche Verteidigungsbündnis so sehr schwächen, dass es substanzlos wird. Die Geographie bevorzugt nun einmal „geopolitisch“ die große Landmasse im Osten des Kontinents. Demgegenüber hat das der NATO verbündete Westeuropa nur eine geringe strategische Tiefe. Würde diese Tiefe durch die „Neutralisierung“ der BRD weiter verringert, so könnte auf diesem so geschrumpften Territorium in keiner Weise mehr ein militärisches Gegengewicht zur Sowjetunion aufrechterhalten werden. Ein „Gleichgewicht“ (oder besser: konfliktverhinderndes Kräfteverhältnis) wäre nicht länger gegeben.

Drittens würde eine Neutralisierung Westdeutschlands natürlich den Abzug der US-Soldaten aus Europa (die ja zum überwiegenden Teil in der BRD stationiert sind) mit sich bringen. Die Europäer zweifeln – wohl zurecht – an der letztlichen Wirksamkeit der für sie von den USA abgegebenen „Nukleargarantie“. Umso wichtiger ist die Garantie – bzw. „Geisel“funktion der amerikanischen Truppen. Diese Truppen sorgen – wirksamer als Atomraketen – für die „Ankoppelung“ des europäischen Kriegsschauplatzes an die USA. Diese Koppelung würde mit dem Abzug der US-Truppen wegfallen.

Viertens entsteht möglicherweise das Problem einer nuklearen Rüstung in einem wiedervereinigten Deutschland. Atomwaffen sind heute recht „billig“ in der Herstellung. Das technische Know how ist in der BRD sicher vorhanden. Dementsprechend groß ist der Anreiz, sich seine Sicherheit auf so „billige“ Weise, durch atomare Abschreckung zu wahren. Gegen die Anschaffung nationaler Atomwaffen spräche gewiss die Verunsicherung, die der Besitz solcher Waffen bei den europäischen Staaten in Ost und West auslösen müsste. Für den Besitz von Atomwaffen spricht freilich, dass ein wiedervereinigtes und neutrales Deutschland von potentiellen Gegnern umkreist wäre, die eben am besten und „billigsten“ mit nuklearer Abschreckung in Schach gehalten werden könnte.

Fünftens ist aber zu fragen, ob ein Ausscheren der BRD aus dem westlichen Verteidigungsbündnis heute überhaupt noch physisch möglich wäre. Die BRD ist bereits heute dem übrigen Westeuropa wirtschaftlich und gesellschaftlich sehr eng integriert. Diese westeuropäische Integration bzw. Zusammenarbeit wird sich zunehmend auch auf sicherheitspolitische Fragen erstrecken und erstrecken müssen. Der Zustand, dass die europäische Sicherheit zum Großteil durch die USA geschützt ist, lässt sich nämlich historisch nicht auf unbegrenzte Zeit aufrecht erhalten. Westeuropa wird – eher früher als später – vermehrt für seine eigene Sicherheit zu sorgen haben.

Sicherheitspolitik ist aber etwas sehr umfassendes. Sie hat vor allem auch einen wirtschaftlichen Aspekt bzw. eine wirtschaftliche Grundlage. Wollte und müsste ein „neutralisiertes“ wiedervereinigtes Deutschland eine unabhängige Sicherheitspolitik betreiben, dann müsste sich die BRD, zumindest auf einigen wichtigen Gebieten (wie z.B. in der Technologie) aus den schon heute bestehenden Abhängigkeiten und Verbindungen mit westeuropäischen Staaten lösen. Dazu ist aber die Integration Westeuropas bereits zu weit fortgeschritten. Diese Option eines Ausscherens aus der westeuropäischen Zusammenarbeit steht der BRD also nicht mehr offen. Die BRD hat zum Beispiel nicht länger die Option, sich eine von der westeuropäischen getrennte, eigene Luftfahrts- der Raumfahrtsindustrie aufzubauen.

Es ist im übrigen ja auch das – eingestandene oder uneingestandene – Ziel der übrigen westeuropäischen Staaten, die Integration der die BRD nach Westeuropa zu stärken und irreversibel zu machen. Hinter der integrationsfreundlichen Politik Frankreichs steht nicht nur das Bestreben Frankreichs im Wege über ein vereinigtes Westeuropa sich jenen Einfluss zu sicheren, den es heute alleine in der Welt nicht länger ausüben kann. Frankreich verfolgt mit dieser Politik daneben eben auch das Ziel, die „Westbindung“ der BRD so zu stärken, dass sie de facto unauflösbar wird.

Es ist also sowohl unwahrscheinlich wie unerwünscht, dass die BRD aus der NATO ausscheidet und neutral wird, um sich mit der DDR „vereinigen“ zu können. Das wäre übrigens auch nicht im langfristigen Interesse des Warschauer Paktes bzw. der UdSSR. Ein vereinigtes Westeuropa (auch unter Einschluss der BRD) hätte sicher eine weitaus weniger ambitiöse „Ostpolitik“ als ein wiedervereinigtes und neutrales Gesamtdeutschland.

Was wären nun die Folgen der wahrscheinlicheren Lösung, bei der das wiedervereinigte Deutschland eben nicht „neutral“ wird, sondern bei der BRD im westlichen Verteidigungsbündnis bleibt? Es würde sich dadurch sicher eine militärische Verschiebung zu Lasten des Ostens ergeben. Aber diese Verschiebung ist weniger weitgehend als man zunächst vermuten wird.

Der Vorteil, den der Warschauer Pakt zur Zeit daraus zieht, dass ihm die DDR angehört, ergibt sich vor allem im Lichte der jetzt – noch – herrschenden sowjetischen Militärdoktrin. Diese fordert, dass im Falle eines Ost-West-Krieges die Warschauer Pakt-Truppen möglichst rasch am Atlantik vorrücken, um dort das Eintreffen von Nachschub aus den USA zu verhindern. Der „Sporen“ der im Süden der DDR in die BRD vorragt („Fulda-Gap“)[13] würde einer solchen Offensive als Sprungbrett dienen.[14]

Es ist aber die Absicht und es ist auch wahrscheinlich, dass die Militärdoktrinen geändert werden. Die herrschende Doktrinen in West („deep strike“, FOFA)[15] und in Ost („Vorwärtsverteidigung“) gehen davon aus, dass „Angriff die beste Verteidigung“ ist. Diese offensive militärische Taktik steht aber im Gegensatz zur grundsätzlich defensiven strategischen Zielsetzung der beiden Bündnisse. Sie wollen lediglich den Status quo erhalten und streben keine Gebietsgewinne an.

Stellen die Militärbündnisse und stellt insbesondere der Warschauer Pakt auf eine rein „defensive“ Verteidigung um, also keine Attacken gegen Westeuropa, stellt er sich nicht länger das Ziel, möglichst rasch die Atlantikküste zu erreichen, dann mindert sich auch der militärische Wert des aus Ostdeutschland in die BRD ragenden Sporen. Der militärische Nachteil, der dem Warschauer Pakt durch das Ausscheiden der DDR entstünde, wäre dadurch ein geringerer. Der Verlust an militärisch nützbaren Terrain ist strategisch wohl kaum entscheidend. Die DDR ist ein in ihrer Ost-West-Ausdehnung von 200-300 km ein relativ schmaler Staat. Demgegenüber hätte die neue Ost-West-Grenze, also die Ost-Grenze eines wiedervereinigten Deutschlands den Vorteil geradliniger als die bisherige militärische Ost-West-Grenze zu sein und dementsprechend leichter wäre sie zu verteidigen.

Stärker negativ betroffen von einer solchen Verschiebung der militärischen Trennlinie nach Osten wäre allerdings die Tschechoslowakei. Deren Nord-West-Grenze wird gegenüber der NATO zur Zeit durch die DDR abgedeckt. Bei einem Ausscheiden der DDR aus dem Warschauer Pakt wäre diese Grenze dann direkt der NATO ausgesetzt. Eine Lösung dieses Problems könnte dadurch erfolgen, dass das Gebiet der heutigen DDR auch nach einer Wiedervereinigung mit der BRD, und obwohl das wiedervereinigte Deutschland der NATO angehören würde, „demilitarisiert“ wird, wobei diese Demilitarisierung durch internationale Garantien abgesichert werden könnte.

 

Zusammenfassend

Trotz der Lippenbekenntnisse zum „Selbstbestimmungsrecht“ wünscht heute kein europäischer Staat eine deutsche „Wiedervereinigung“. Es kann aber die Furcht vor einer solchen Wiedervereinigung zu einem sehr destabilisierenden Element der europäischen Politik werden; ohne dennoch eine Wiedervereinigung verhindern zu können. Ob es zu dieser Wiedervereinigung tatsächlich kommt, ist natürlich unsicher. Ausgeschlossen werden kann sie jedenfalls nicht. In beiden deutschen Staaten gibt es Entwicklungen, die eine solche Wiedervereinigung heute jedenfalls wahrscheinlicher machen, als sie es noch vor zwei-drei Jahren gewesen ist. Ein wiedervereinigtes Deutschland könnte und sollte nicht neutral bzw. neutralisiert sein. Würde aber zumindestens der westliche Teil des wiedervereinigten Deutschlands weiter in der NATO, und das gesamte Deutschland der EG integriert bleiben, dann würde sich daraus aber nicht jene Bedrohung durch einen neu entstandenen militärischen und wirtschaftlich dominierenden Superstaat ergeben, die allgemein befürchtet wird.

 

Wien, am 19. September 1989

Nowotny m.p.

 

[1] Für die im Dokument erwähnten Ostverträge siehe Anm. 8 und 9.

[2] Bei den „Republikanern“ (REP) handelt es sich um ein 1983 in München gegründete rechtskonservative Kleinpartei. Bei den Europawahlen im Juni 1989 schaffte sie mit 7,1 Prozent der Stimmen den Einzug ins Europäische Parlament. Bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus von Berlin am 28. Januar 1989 erreichte die Partei 7,5 Prozent der Stimmen. Diese Erfolge konnten in weitere Folge nicht wiederholt werden.

[3] See document 3.

[4] Franz Wunderbaldinger, österreichischer Botschafter in der DDR (1985–1990).

[5] Friedrich Bauer, österreichischer Botschafter in der Bundesrepublik Deutschland (1986–1990).

[6] Bei dem Historikerstreit handelte es sich um eine Debatte innerhalb der Zeitgeschichtsforschung der BRD in den Jahren 1986 und 1987. Im Mittelpunkt stand die Frage nach der Einzigartigkeit des Holocaust und seine Bedeutung für die Geschichte Deutschlands. Eine Chronologie des Streits inklusive einer Gegenüberstellung der Argumentationen findet sich in: Rudolf Augstein, „Historikerstreit“. Die Dokumentation der Kontroverse um die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Judenvernichtung, München 1987.

[7] Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über die Grundlagen der Normalisierung ihrer gegenseitigen Beziehungen vom 7. Dezember 1970 („Warschauer Vertrag“), BGBl. 1972 II, Nr. 27, 361.

[8] Durch den Warschauer Vertrag vom 7. Dezember 1970 war die Oder-Neiße-Grenze de facto anerkannt. Sämtliche bundesdeutsche Regierungen hatten aber seither an dem Rechtsstandpunkt festgehalten, dass erst eine frei gewählte gesamtdeutsche Regierung endgültig über die Ostgrenze entscheiden könnte. Just im Sommer 1989 wurde rekurrierend auf diesen Rechtsstandpunkt von einigen CSU-Politikern eine Diskussion über diese Frage losgetreten. Die FDP und SPD stellten sich dagegen. Vgl. dazu Klaus Ziemer, Zwischen Misstrauen und Hoffnung: Polen und die deutsche Vereinigung, in: Klaus-Dietmar Henke (ed.), Revolution und Vereinigung 1989/90. Als in Deutschland die Realität die Phantasie überholte, (München: Dt. Taschenbuch Verlag, 2009), 509–524, 510, 514.

[9]Es folgt eine Graphik. Scan aus Originaldokument wird angefügt.

[10] Nikita Chruschtschow, Erster Sekretär des ZK der KPdSU (1953–1964) und Ministerpräsident der UdSSR (1958–1964).

[11] Bruno Kreisky, österreichischer Außenminister (1959–1966) und Bundeskanzler (1970–1983).

[12] Irving Kristol, „Why not Neutralize Eastern Europe?”, in: International Herald Tribune, 13. September 1989; Irving Kristol, US-Sozialwissenschaftler, er gilt als einer der wichtigsten Vertreter des Neokonservatismus.

[13] Mit dem Begriff „Fulda-Gap“ oder „Fulda-Lücke“ bezeichneten die US-Streitkräfte eine Region im Raum Fulda in Osthessen (Point Alpha an der Grenze zur BRD an der Straße zwischen Geisa/Thüringen und Rasdorf/Hessen war der Ort, wo sich beide Supermächte unmittelbar gegenüberstanden und sich in die Augen schauen konnten). Da der Warschauer Pakt hier am weitetesten in den Westen reichte, ging die NATO davon aus, dass von diesem Gebiet aus am wahrscheinlichsten ein Angriff erfolgt; Klaus Hartwig Stoll, Point Alpha. Brennpunkt der Geschichte (Petersberg: Michael Imhof Verlag, 2007); Dieter Krüger (ed.), Schlachtfeld Fulda Gap – Strategien und Operationspläne der Bündnisse (Schriftenreihe Point Alpha Band 2) (Fulda: Parzeller, 2014).

[14]Im Original folgen zwei Landkarten. Scan aus Originaldokument wird angefügt.

[15] FOFA = Follow on Forces Attack. Es handelt sich hierbei um ein militärisches Konzept der NATO, das im Falle eines Angriffes der Streitkräfte des Warschauer Paktes die nachrückenden Truppen zum Ziel macht.

The Specter of German Reunification

A specter is haunting Europe. The specter of German reunification, and it scares the Western Europeans. This fear – rarely acknowledged – is behind many discussions about the future of European security.

The two superpowers are apparently less bound by fear. One sometimes hears from both the US and the USSR that a German “reunification” is not only possible, but perhaps even desirable. The expectations of the US and the USSR, are however, contradictory: The United States expects that a reunified Germany would push against the East, and weaken the USSR. The Soviet Union expects that a reunified Germany would step out of NATO, and thus fatally weaken NATO.

This discussion of German reunification is surprising in some respects. After all, because of its treaties with the East,[1] through its recognition of the GDR, and through its involvement in the CSCE process, the FRG seemed to have finally and irrevocably accepted the status quo in Europe and thus the existence of two German states, and without ulterior motives. Against the backdrop of these hard facts, the question begs to be asked: How serious is this newly flared-up talk of reunification? Is there really nothing more to it than a merely superficial and purely verbal response to the advance of the right-wing nationalist “Republicans”[2] in the FRG? Or is it to be taken more seriously?

The question was broached at the Ambassadors’ Conference in early September.[3] Both, the ambassador in Berlin[4] and Bonn[5] were unanimously convinced that this talk is not to be taken seriously. Nobody in political responsibility, said the Austrian ambassador in Bonn, would really aim for a “reunification” with the GDR. The coexistence of the two states would be accepted by virtually all. The maximum goal supported by almost all political parties would merely be a “Germany policy” that intensifies existing contacts between both States at all levels.

The Austrian Ambassador in Berlin claimed there was no great pressure for radical changes in the GDR. Sudden outbursts and changes of course are not to be expected. Because it works on the whole, the state would also be accepted by the population.

The opinions of the two ambassadors describe – probably accurately – the current state, which is not a given. They assume that this state will essentially remain unchanged. This may, but need not be so. There is some evidence that attitudes toward “reunification” are changing in the two German states. In the two German states, there are signs of a fundamental change in the political climate. In the FRG, for example, the Historians’ Dispute (in which German war-guilt was relativized)[6] changed the emotional-political framework in which postwar international relations were anchored. Three to four years ago it would have been unthinkable that the Polish-German border is called into question again by a high-ranking politician and many years after its recognition by the Warsaw Treaty.[7]

Three or four years ago this would have signified the end of every political career. Not so today.[8] A whole new attitude has established itself in relationship to the European East – obviously and gradually and once again the belief in a special “German mission in the East.” This mission goes far beyond the “Ostpolitik” of Willy Brandt. Its essential goal had been only the acceptance of the status quo. The objectives of today’s German Ostpolitik are more ambitious. In their new nationalism, the aggressive advocacy of unification, in their skepticism towards the west and European integration the right-wing “Republicans” are thus a symptom of a political change in mood, which encompasses more than just their voters.

The GDR appears to be the most solid communist state – especially in economic terms. Nevertheless, this country has political feet of clay. The binding power of communist ideology has – if it ever was great – anyhow disappeared. This happened also in other communist countries. These other states, however, base their social cohesion and identity on something else than communist ideology – on religion or – mostly – on nationalism. There probably is not a GDR nationalism. At best, a certain feeling of connection with their homeland. One probably got used to some convenient facilities of “real existing socialism” in the GDR – such as secure jobs, cheap food staples and apartments, etc. But that alone does not secure identity, and this comfort will gradually wane in the course of necessary economic reforms, which will come sooner or later, even in the GDR. Likewise, it becomes increasingly difficult to hold the state together with dictatorial measures. Where, if not mainly to the FRG, would the GDR turn to if their economic and political opening can no longer be delayed?

Reunification is therefore very well on the future political agenda of the two German states. Formally, the other – and especially Western European – states cannot object. The principle of self-determination is recognized internationally. This principle will not be questioned by any Western European country and thus not with respect to its application for the two German states. Actually no one wants a real application of this principle by a “reunification.” This fear, however, is not articulated openly. One is too aware of the fact that through taking an open stand against reunification one would only strengthen the extreme and nationalist forces of the Federal Republic. Hence, there is no open political dialogue with the FRG on this issue – only unadmitted silent fear.

If, and in what form, and when there is a merger of the German states, is certainly uncertain. Anyway, you cannot rule out that the desire for “reunification” in both German states, especially in the FRG, ceases to be a merely abstract and distant goal and becomes a specific concern. One should take the possibility of a reunification seriously and really examine what the consequences would be. Would such a reunification actually blow up the entire postwar order?

Reunification would certainly be a huge shock for this order. It is argued below that the European postwar order would not have to fall apart because of this. Even a reunified Germany would not be so strong that it would dominate the European continent economically and militarily. It would just be a very big country among the other major European states.

 

 

Inhabitants 1985

Inhabitants 2025

Surface in km2

FRG

61.0

57.2

249.000

GDR

16.6

17.3

108.000

Together

77.6

74.5

357.00

France

55.2

63.7

547.000

Italy

57.1

58.5

301.000

Czechoslovakia

17.5

18.5

127.000

Poland

37.2

48.0

312.000

Together

54.7

66.5

439.000

 

The surface of a reunified Germany would be 357,000 km2 and far less than the combined area of Poland and Czechoslovakia (439,000 km2).

In the GDR, the population is growing slowly, in West Germany it is dropping sharply. In 2025, a “unified Germany” would have a population of 74.5 million, France would in contrast have a population of 63.7 million, Czechoslovakia and Poland together would have a combined population of 66.5 million.

Not only is the FRG’s population growth low (or even negative), also economically, the FRG is far less dynamic than itself and other European countries assume. The most reliable measure of the development of economic power is the development of productivity. The development of productivity in the Federal Republic of Germany has been slow since 1960 and risen far less than in France and Italy.

 

Gross domestic product per capita at purchasing power parities[9]

1960, 1986 and 1987

 

These trends are likely to continue, and in 10 years at the latest France will have caught up in absolute economic power with the FRG.

One must assume that even with reunification the current GDR could not immediately be brought to the economic level of the FRG. One could therefore assume that the productivity of the area that is the GDR today, even in 2025, would be somewhere – perhaps around 15% – below the productivity of the current FRG. The entire economic potential of the two unified areas would therefore in 2025 approximately match the economic power that France will then have.

The economic power of a “unified Germany” must not just be compared with France, but also with the rest of the Western European states. Above all, the southern EC countries (such as Italy and Spain) will – as in the past, also in the future – more rapidly develop economically; so that the economic and political weight of these EC countries will increase when compared to the FRG or a “reunified Germany.”

A reunified Germany would not be significantly more in population and economic strength than the FRG is today: namely, one among the most powerful nations of Europe.

The consequences of a “reunification” cannot, however, only be illuminated from a purely economic standpoint, they also need to be viewed from a military security perspective. What would be the consequences of “reunification” in this area?

 

Military and Security Policy Aspects of a “Reunification”

“Reunification” is sometimes associated with a “neutralization” of the then united Germany. Neutralization would be the condition or result of an association of the two German states.

First it must be repeated what Khrushchev[10] said during his time to the then Foreign Minister Kreisky:[11] “Neutrality is a status which is appropriate for a small country located geographically and security-politics-wise between two powers.”[12] Neutrality has no application for a state, which because of its own great influence, whether it wants that or not, becomes a significant factor in international relations. The Ostpolitik of a reunified Germany, even if that state is formally “neutral,” would in its practical effect not be neutral. Whatever a large state undertakes, has far-reaching consequences both in the West and in the East of the continent. For example, whether a small neutral country participates in sanctions, does not significantly increase or reduce the effectiveness of such sanctions. Whether a country of more than 70 million inhabitants participates, determines very well whether such sanctions are effective.

Second, a “neutralization” of the current FRG (as proposed by the neoconservative American intellectual Irving Kristol in the enclosed article)[13] would weaken the Western defense alliance so much to make it insubstantial. “Geopolitically” geography simply privileges the large landmass to the east of the continent. In contrast, NATO-allied Western Europe has less strategic depth. If this depth were further reduced by the “neutralization” of the FRG, a military counterweight to the Soviet Union could in no way be maintained on such shrunken territory. A “balance” (or better: a conflict-hindering balance of power) would no longer exist.

Third, a neutralization of West Germany would naturally bring about the withdrawal of US troops from Europe (which are stationed for the most part in the FRG). Europeans doubt – probably rightly – the ultimate effectiveness of the “nuclear guarantee” granted to them by the US. More important is the guarantee – or “hostage” function of American troops. These troops provide – more effectively than nuclear missiles – for the “coupling” of the European theater of war to the United States. This coupling would be lost with the withdrawal of US troops.

Fourth, there is perhaps a problem of a reunited Germany arming itself with nuclear weapons. Nuclear weapons are today quite “cheap” to produce. The technical know-how is certainly available in the FRG. The incentive to guarantee one’s security in such a “cheap" way through nuclear deterrence is considerable. Speaking against the purchase of national nuclear weapons is certainly the uncertainty that the possession of such weapons would trigger in the European countries in East and West. Speaking for the possession of nuclear weapons is the fact that a reunified and neutral Germany would be surrounded by potential enemies, who could be held at bay best and “cheapest” with nuclear deterrence.

Fifth, one must question if a stepping out of the FRG from the western defense alliance would even be physically possible at all today. The FRG is nowadays very tightly integrated economically and socially with the rest of Western Europe. This Western European integration and cooperation will increasingly extend to security matters and must extend. The condition that European security is provided largely by the United States, can historically not be maintained indefinitely. Western Europe will increasingly have to provide for its own security – sooner rather than later.

Security policy is something very embracing. It also has an especially economic aspect and an economic basis. Would and must a “neutralized” reunified Germany pursue an independent security policy, then the FRG would have to, at least in some important areas (such as in technology), free itself from already existing dependencies and connections with Western European countries. But the integration of Western Europe has already progressed too far. This option of stepping out of Western European cooperation is no longer open to the FRG. For example, the FRG no longer has the option to build its own aviation and aerospace industry separately from the rest of Western Europe.

It is of course the – acknowledged or unacknowledged – objective of the remaining Western European countries to strengthen the integration of the FRG into Western Europe and make it irreversible. Behind the integration-friendly policy of France is not just France’s desire to secure its influence through a united Western Europe, which it otherwise alone can not exercise in today’s world. With this policy, France in addition pursues the objective of strengthening the “Western tying” of the FRG to an extent that makes it inextricably.

Hence, it is both unlikely and undesirable that the FRG withdraws from NATO, and becomes neutral, in order to “unite” with the GDR. This would also not be in in the long-term interests of the Warsaw Pact and the USSR. A united Western Europe (also including the FRG) would certainly have a far less ambitious “Ostpolitik” than a reunified, neutral Germany.

What would be the consequences of the more likely solution in which the reunified Germany becomes not “neutral” and the FRG remains in the Western defense alliance? This would certainly result in a military shift at the expense of the East. But this shift is less far-reaching than one would at first assume.

The advantage, which the Warsaw Pact momentarily draws from the fact that the GDR belongs to it, shows itself in the light of the present – still – ruling Soviet military doctrine. This demands that in case of an East-West war, the Warsaw Pact troops advance to the Atlantic Ocean as quickly as possible in order to prevent the arrival of reinforcements from the US. The “Spore” in the south of the GDR that protrudes into West Germany (“Fulda Gap”)[14] would serve as a springboard for such an offensive.

 

[15]

 

However, it is intended and also probable that the military doctrines will be changed. The predominant doctrines in the West (“deep strike,” FOFA)[16] and the East (“forward defense”) assume “attack is the best defense.” These offensive military tactics are contrary to the principally defensive strategic objectives of the two alliances. They just want to maintain the status quo and seek no territorial gains.

If the military alliances and especially the Warsaw Pact convert their “defense” to a purely defensive one, with no attacks against Western Europe, then it is no longer the goal to reach the Atlantic coast as quickly as possible, and that lowers the military value of the East German spore protruding into the FRG. Thus, the military disadvantage of withdrawing the GDR from the Warsaw Pact would be a lesser. The loss of militarily useable terrain is hardly decisive strategically. The GDR is, in its east-west dimensions of 200–300 km, a relatively narrow state. In contrast, the new East-West border, the eastern border of a reunified Germany, would have the advantage of being straighter than the previous military East-West border and therefore easier to defend.

Indeed, Czechoslovakia would be more negatively affected by such a shift in the military dividing line to the east. Its north-west border is currently covered against NATO by the GDR. If the GDR withdraws from the Warsaw Pact this border would be directly exposed to NATO. A solution to this problem could be that the territory of the present GDR is “demilitarized” even after reunification with the FRG, although the reunified Germany would belong to NATO, and this demilitarization could be secured through international guarantees.

 

Summary

Despite lip service to the right of “self-determination,” today no European country desires German “reunification.” The fear of such a reunification can, though, become a very destabilizing element of European policy; even without being able to prevent reunification. Whether it actually comes to this reunification is of course uncertain. It cannot be excluded either. In both German states there are developments, which make such a reunification today more probable than it was two to three years ago. A reunified Germany could and should not be neutral or neutralized. If at least the western part of the reunified Germany remains integrated in NATO, and the entire Germany in the EC, then no threat would arise through a newly formed military and economically dominant superstate, which is the general fear.

 

Vienna, 19 September 1989

Nowotny m.p.

 

[1] For the Eastern Treaties mentioned in the document see notes 8 and 9.

[2] The “Republicans” (REP) is a small right-wing conservative party founded in Munich in 1983. During the European elections in June 1989 they managed to gain representation in European Parliament with 7.1 percent of the vote. In the elections to the Berlin House of Representative on 28 January 1989, the party won 7.5 percent of the votes.

[3] See document 3.

[4] Franz Wunderbaldinger, Austrian Ambassador to the GDR (1985–1990).

[5] Friedrich Bauer, Austrian Ambassador to the Federal Republic of Germany (1986–1990).

[6] In the Historians’ Dispute (Historikerstreit) there was a debate in 1986 and 1987 among West German researchers of contemporary history. The focus was on the issue of the uniqueness of the Holocaust and its significance for the history of Germany. A chronology of the dispute, including a comparison of the arguments can be found in Rudolf Augstein, „Historikerstreit“. Die Dokumentation der Kontroverse um die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Judenvernichtung [= “Historians’ Dispute”. The documentation of the controversy about the uniqueness of the Nazi Holocaust] (Munich: Piper, 1987).

[7] Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über die Grundlagen der Normalisierung ihrer gegenseitigen Beziehungen vom 7. Dezember 1970 („Warschauer Vertrag“) [Treaty between the Federal Republic of Germany and the People’s Republic of Poland on the basis for the normalization of their mutual relations on 7 December 1970 (“Warsaw Treaty”)], BGBl. 1972 II, Nr. 27, 361.

[8] The Warsaw Treaty of 7 December 1970 recognized the Oder-Neisse border. All West German governments had however since then adhered to the legal position that only a freely elected government of Germany as a whole could decide definitively on the eastern border. In the summer of 1989 there was a recurring debate unleashed on this legal standpoint by some CSU politicians. The FDP and SPD stood against it. See: Klaus Ziemer, “Zwischen Misstrauen und Hoffnung: Polen und die deutsche Vereinigung [= Between Mistrust and Hope: Poland and German Unification],” in Klaus-Dietmar Henke (ed.), Revolution und Vereinigung 1989/90. Als in Deutschland die Realität die Phantasie überholte [= Revolution and Unification 1989–90. As in Germany, reality overtook imagination] (Munich: Dt. Taschenbuch Verlag, 2009), 509–524, 510, 514.

[9] Find attached a preliminary scan of the graphic Picture 1.

[10] Nikita Khrushchev, First Secretary of the CPSU Central Committee (1953–1964) and Prime Minister of the USSR 1958–1964).

[11] Bruno Kreisky, Austrian Foreign Minister (1959–1966) and Federal Chancellor (1970–1983).

[12] It is very likely that Nowotny here refers to the first volume of Kreisky’s memoirs where Kreisky reports about Anastas Mikoyan neglecting neutrality as an option for Germany. See Bruno Kreisky, Zwischen den Zeiten. Erinnerungen aus fünf Jahrzehnten (Berlin: Siedler, 1986), 461.

[13] Irving Kristol, “Why not Neutralize Eastern Europe?”, in International Herald Tribune, 13 September 1989; Irving Kristol, American social scientist, considered to be one of the most important representatives of neoconservatism.

[14] The term “Fulda Gap” was used by US forces to describe a region in the area of Fulda in East Hesse (Point Alpha on the border with West Germany on the road between Geisa/Thuringia and Rasdorf/Hessen, the place where both superpowers directly faced each other and could look one another in the eye). Since the Warsaw Pact reached the furthest into the West here, NATO assumed that an attack was most likely to be carried out from this territory; Klaus Hartwig Stoll, Point Alpha. Brennpunkt der Geschichte [= Point Alpha. Focal point of History] (Petersberg: Michael Imhof Verlag, 2007); Dieter Krüger (ed.), Schlachtfeld Fulda Gap – Strategien und Operationspläne der Bündnisse [= Battlefield Fulda Gap – Strategies and Operational plans of Alliances] (Fulda: Parzeller, 2014).

[15] In the original two maps are shown here. Scan of the original document attached (Picture 2).

[16] Follow-on-Forces Attack. This military concept of NATO, envisaged the hold a Warsaw Pact offensive on the ground while attacking the Follow-on forces in the rear with air strikes.

The report discusses the conflicting views from countries such as the US and USSR surrounding German Reunification. It later explains predicted demographics, economics, and military prowess of a unified Germany.

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Source

ÖStA, AdR, BMAA, II-Pol 1989, GZ. 22.17.01/4-II.6/89. Obtained and translated by Michael Gehler and Maximilian Graf.

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Original Uploaded Date

2017-10-11

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165711