May 12, 1993
The Chancellor's [Helmut Kohl's] Meeting with ANC Chairman Nelson Mandela on Monday, 10 May 1993
AL 2 Bonn, 12. Mai 1993
V e r m e r k
Betr.: Gespräch des Herrn Bundeskanzlers mit dem ANC-Vorsitzenden Nelson Mandela am Montag, 10. Mai 1993[1]
Der Bundeskanzler erklärt, er freue sich sehr, Herrn Mandela zu treffen. Ihn interessiere insbesondere, wie dieser die Entwicklung in Südafrika beurteile, wobei er hoffe, daß es gelinge, bald Fortschritte in Richtung Frieden zu erzielen.
Herr Mandela erwidert, er freue sich seinerseits, daß der Bundeskanzler ihn nach Bonn eingeladen habe. Deutschland sei eines der wichtigsten Länder nicht nur in Europa, sondern in der Welt überhaupt. Schon von daher sei es für ihn von besonderer Bedeutung, die Gelegenheit zu haben, den Bundeskanzler über die Entwicklung in Südafrika informieren zu können.
Der Bundeskanzler erklärt, er sei sehr daran interessiert, einen regelmäßigen Meinungsaustausch zu führen. Dies könne auch telefonisch geschehen.
Herr Mandela fährt fort, eines der Hauptprobleme sei die Gewalt in Südafrika. Dabei stehe für den ANC fest, daß man dieses Problem nicht lösen könne, so lange es keine demokratischen Wahlen gebe, an der alle Bürger Südafrikas beteiligt seien. Dennoch versuche man alles, um die Gewalt einzudämmen. Es gebe im übrigen nicht nur Konflikte zwischen der Inkatha und dem ANC. Es gebe darüber hinaus eine dritte Kraft, die in der Regierung selbst verankert sei. Die eigentliche Schwierigkeit sei, daß die staatlichen Sicherheitskräfte an den Gewalttätigkeiten beteiligt seien.
Die Ermordung Hanis sei nicht eine Einzeltat gewesen, andern man habe Beweise, daß dahinter eine Verschwörung stehe, deren Ziel 25.000 ANC-Mitglieder gewesen seien. De Klerk wolle Reformen und auch die Gewalt bremsen. Er arbeite eng mit ihm zusammen. De Klerk habe aber Probleme in seinem Kabinett, in dem einige Mitglieder säßen, die gegen jegliche Änderung und gegen Verhandlungen seien.
Aus diesem Grunde bewege sich De Klerk sehr vorsichtig, denn er müsse schließlich darauf achten, die eigenen Wähler hinter sich zu haben.
Trotz allem mache man Fortschritte, und er sei überzeugt, daß die friedlichen Kräfte stark genug seien, um einen Durchbruch zu erzielen.
Letzten Freitag habe ein Treffen von 26 politischen Parteien unterschiedlicher Richtungen stattgefunden. Auf diesem Treffen habe man deutliche Fortschritte erzielt und sich insbesondere darauf geeinigt, noch vor Ende dieses Monats ein Datum für Wahlen anzukündigen.
Auf die entsprechende Frage des Bundeskanzlers ergänzt Herr Mandela, diese Wahlen würden spätestens im April 1994 stattfinden.
Auf die weitere Frage des Bundeskanzlers nach der Haltung Buthelezis erklärt Herr Mandela, dessen Vertreter hätten der Vereinbarung zugestimmt, die aber noch von Buthelezi selbst bestätigt werden müsse.
Der Bundeskanzler wirft ein, dies sei alles ein gewaltiger Fortschritt.
Herr Mandela pflichtet dem bei und erklärt, man habe sich gleichzeitig darauf verständigt, im nächsten Monat einen Transitional Executive Council (T.E.C. - Übergangs-Exekutivrat) ins Leben zu rufen.
Dem Council würden weitere Ausschüsse angegliedert, die sich beispielswiese mit Fragen der inneren Sicherheit, der Unabhängigkeit der Medien und insbesondere auch mit den künftigen Wahlen befassen sollten. Praktisch werde der T.E.C. die Kontrolle über die künftigen Entscheidungen übernehmen. Dies sei ein gewaltiger Schritt nach vorn, weil damit das Machtmonopol der National Party durchbrochen werde.
Wie der Bundeskanzler wisse, sei der ANC 30 Jahre verboten gewesen. Heute sei der ANC die politische Gruppierung, die die meisten Stimmen auf sich vereinen könne. Gemäß vorliegenden Umfragen könne der ANC bei Wahlen sogar die absolute Mehrheit erzielen. Man wiege sich deshalb aber nicht in falscher Sicherheit, denn letztlich werde es darauf ankommen, die Leute an die Wahlurnen zum bringen.
In diesem Zusammenhang stelle sich für den ANC auch die Frage finanzieller Ressourcen. Die amerikanische Regierung habe dem ANC 4,5 und der Inkatha 1 Mio. US-Dollar zur Verfügung gestellt. Dies sei noch von der Regierung Bush bewerkstelligt worden. Der ANC würde es begrüßen, wenn er auch von Deutschland eine solche Unterstützung erhalten würde. Wenn man wolle, daß die Demokratie sich durchsetze, brauche man hierfür auch Geld.
Der Bundeskanzler erklärt, er werde dies genau prüfen. Er sei positiv überrascht über die jetzt erzielten Fortschritte.
Auf die Frage des Bundeskanzlers, wer die entscheidenden Finanzmittel auf Seiten des ANC kontrolliere, erklärt Herr Mandela, die Kontrolle obliege ihm selber, dem Schattenminister für Verkehr und dem Schatzminister des ANC.
Der Bundeskanzler erklärt, er wolle in dieser Angelegenheit ausschließlich mit Herrn Mandela zu tun haben. Im übrigen werde man hierüber auch mit unserem Botschafter in Südafrika sprechen.
Auf die Frage des Bundeskanzlers nach den Beziehungen zu Buthelezi, erklärt Herr Mandela, dieser sei einer seiner besten Freunde. Er habe ihm während seines Gefängnisaufenthalts häufiger geschrieben und im übrigen verhandelten Inkatha und ANC derzeit über eine Vereinbarung. Sobald man sich geeinigt habe, werde er ein persönliches Treffen mit Buthelezi herbeiführen.
Der ANC gelte derzeit als Regierung im Wartestand. Wenn man in einer späteren Regierung Erfolg haben wolle, brauche man entsprechend ausgebildete Leute für den öffentlichen Dienst, die Polizei, die Streitkräfte und die Diplomatie. GB, F und die USA unterstützten den ANC
bereits bei der Ausbildung der Polizei. Man brauche aber auch eine Ausbildung für die künftigen Streitkräfte. Der ANC verfüge über eine Guerilla-Armee. Dies seien aber keine professionellen Soldaten. Er wolle daher fragen, ob die Bundesregierung in diesem Bereich helfen könne.
Der Bundeskanzler schlägt vor, dem Unterzeichner den für diesen Bereich Zuständigen innerhalb des ANC zu benennen. Danach könne man den entsprechenden Kontakt mit den entsprechenden Stellen innerhalb der Bundesregierung herstellen.
Herr Mandela sagt dies zu und erklärt, er sei äußerst besorgt über die Lage in Jugoslawien, aber auch in Angola und Mozambik. Die Entwicklung in Jugoslawien lenke das Interesse Europas von Südafrika ab. Auch gebe es nach dem Rückzug von Cyrus Vance keinen entsprechend hochkarätigen VN-Vertreter, der sich um Südafrika kümmere.
In Angola sei ein Waffenstillstand unterzeichnet worden. Die USA und die führenden europäischen Staaten hätten sich für die Durchführung demokratischer Wahlen engagiert. Die Beobachter hätten festgestellt, daß diese Wahlen fair und frei gewesen seien. Kein einziges europäisches Land habe sich aber bisher bereit erklärt, das Wahlergebnis förmlich anzuerkennen. Er sei besorgt, daß etwas ähnliches auch nach Wahlen in Südafrika passieren könne.
Er selber habe an Dos Santos und Savimbi appelliert, die Wahlergebnisse zu respektieren und keine Gewalt anzuwenden. Er habe seine Vermittlung angeboten und sei derzeit - zusammen mit König Hassan von Marokko und Präsident Houphouet-Boigny, Elfenbeinküste - um eine friedliche Beilegung bemüht. Man würde es allerdings vorziehen, wenn die USA sich stärker engagieren würden.
Der Bundeskanzler erklärt, er verstehe die Besorgnis von Herrn Mandela, wolle aber doch deutlich darauf hinweisen, daß das deutsche und europäische Interesse an Südafrika nun einmal größer sei als an Angola. Was die künftigen Beziehungen zwischen Südafrika und der EG angehe, sei er optimistisch. Bei anderen Ländern im südlichen Afrika sei er skeptischer.
Wenn die jetzige Entwicklung in Südafrika zum Erfolg führe, wolle er eine enge, insbesondere auch wirtschaftliche Zusammenarbeit.
Die Lage auf dem Balkan sei eine andere Sache. Hier habe man es mit historisch, ethnisch und religiös geprägten Konflikten zu tun.
Er sei hinsichtlich der weiteren Entwicklung sehr skeptisch. Er sehe eher eine Chance für den Frieden in Südafrika als auf dem Balkan.
(Dr. Hartmann)
[1] BArch, B 136/59731, 344-348.
Head of Department 2 Bonn 12 May 1993
M e m o r a n d u m
Subject: The Chancellor's Meeting with ANC Chairman Nelson Mandela on Monday, 10 May 1993[1]
The Chancellor says he was very glad to meet Mr. Mandela. His was especially interested in his assessment of the development in South Africa. His hope was that one would be able to achieve progress in the peace process.
Mister Mandela replies that he was delighted about the invitation for his visit in Bonn. Germany was not just one of the most important countries in Europe, but in the whole world. Just for this reason, it was especially relevant for him to have an opportunity to inform the Chancellor on the developments in South Africa.
The Chancellor notes that he was very interested to have a steady exchange of opinions. One could do this one the phone as well.
Mister Mandela says that violence was still one of the key problems in South Africa. The ANC thought that one could not resolve things unless there were democratic elections with the participation of all South African citizens. Nevertheless, one tried everything in order to contain violence. By the war, there were not just conflicts between the Inkatha and the ANC. Moreover, there was a third force which was rooted in the government itself. The true problem was that the state security forces were participation in the violence.
The murder of Hani had not been a single act of violence, but one had evidence that a conspiracy was behind it the aim of which had been the 25,000 ANC members. De Klerk wanted reforms and wanted to curb violence. He was working closely with him, but De Klerk had some ministers in his cabinet who were strictly against any changes and against any kind of negotiations. Hence, De Klerk had to operate very carefully. After all, he had to make sure to keep his voters behind him.
In spite of everything, one was making progress and he was convinced that the peaceful forces were strong enough for a breakthrough. Last Friday, there had been a meeting of 26 parties from the entire political spectrum. During this meeting, one had been able to achieve considerable progress. One had especially been able to achieve consensus to announce a date for elections until the end of this month.
Upon the Chancellor’s question, Mister Mandela adds that these elections would take place in April 1994 the latest. Upon the Chancellor’s further query about the attitude of Buthelezis, Mister Mandela says that the latter’s representatives had agreed to the deal which still ought to be confirmed by Buthelezi himself.
The Chancellor says that this was an enormous step forward.
Mister Mandela affirms and notes that one had also found consensus on the establishment of a Transitional Executive Council (T.E.C. – Transitory Executive Council). Several additional committees would be affiliated with the Council looking, for instance, into question of inner security, the independence of the media, and particularly with the future elections. De facto, the T.E.C. would be in charge of future decisions. This was an enormous step forward as this breached the National Party’s monopoly of power.
As the Chancellor knew, the ANC had been prohibited for the last 30 years. Today, that ANC was the political group which would gain the largest vote in the populace. According to most recent polls, the ANC would even be able to achieve an absolute majority at the ballot. At the same time, one did not this did not lead to a false sense of security. After all, it was decisive to get the people to the ballot.
In this context, the ANC faced the problem of financial resources. The American government had provided 4,5 million $ for the ANC and 1 million $ for the Inkatha 1. This had still been achieved in the Bush administration. The ANC would welcome it if Germany could give similar assistance. If one was establishing democracy, one needed some money for that purpose.
The Chancellor says he would look into this very carefully. He was surprised about the extent of the progress that had been made. Upon the Chancellor’s question who was in charge about the funds of the ANC, Mister Mandela says that he himself, the shadow minister for traffic and the treasurer of the ANC were in control of finance. The Chancellor says he just wanted to have Mister Mandela as his interlocutor in this regard. By the way, one would also involve our Ambassador in South Africa.
Upon the Chancellor’s query about the relationship with Buthelezi, Mister Mandela notes that the latter was one his best friends. He had often sent him letters during his time in prison. By the way, the Inkatha and the ANC were currently negotiating about an agreement. As soon as one had reached consensus, he would aim for a personal meeting with Buthelezi. Currently, the ANC was considered as a government in waiting. If one wanted to reach success with a government later one, one needed educated people for the public sector, the police and the military and for diplomacy as well. Great Britain, France and the United States were helping the ANC with regards to police training.
But one also needed training for the future armed forces. The ANC had a guerilla army, but these were not professional soldiers. Hence, he wanted to ask the Chancellor whether the federal government could provide assistance in this field.
The Chancellor suggests that Mister Mandela ought to provide the signee the name of the person who was in charge within the ANC. Thereafter, one could establish the contacts with the relevant authorities in the federal government.
Mister Mandela pledges to do this and he adds that he was particularly concerned about the situation in Yugoslavia, but also in Angola and Mozambique. Developments in Yugoslavia were detracting Europe’s attention from South Africa. Moreover, after Cyrus Vance’s retreat, there was no longer an high-ranking UN representative who took care about South Africa. A cease fire had been reached in Angola. The USA and leading European state had engaged themselves in support of democratic elections. The monitors had confirmed that these elections had been free and fair. However, not a single European country had thus far been ready to formally recognize the results. Hence, his concern was that a similar thing might happen after the elections in South Africa as well.
He himself had appealed to Dos Santos and Savimbi asking them to respect the election results and to abstain from force. He had offered his mediation and was engaged in a peaceful resolution of the conflict working jointly with King Hassan of Morocco and President Houphouet-Boigny of Ivory Coast. However, one would prefer a strong US role in all of this.
The Chancellor says that he could very well understand Mr. Mandela‘ concern, but he wanted to point out that Germany’s and Europe’s interested in South Africa was considerably larger than our interest in Angola. He was optimistic about South Africa’s future relationship with the EC. But he was more skeptical with regards to other countries in Africa.
If current developments in South Africa led to success, he wanted close cooperation especially in terms of economics. The situation in the Balkans was a different matter. One was confronted with historic, ethnic and religious conflict. He was very skeptical for about the near future. There would rather be a chance for peace in South Africa than on the Balkans.
(Dr. Hartmann)
[1] BArch, B 136/59731, 344-348.
Kohl and Mandela review the situation in South Africa after the end of Apartheid analyzing conflicts between the Inkatha and the ANC. Mandela asks for Germany's financial assistance. Kohl agrees to review the request as long as Mandela himself was his interlocator on financial support for the ANC.
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