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October 21, 1991

The Chancellor's [Helmut Kohl's] Meeting with President Patricio Aylwin, Santiago de Chile, 21 October 1991, 09:30 – 11:00 hours

GL 21                                                                                                                     Santiago, den 21. Oktober 1991

V e r m e r k

Betr.: Gespräch des Herrn Bundeskanzlers mit Staatspräsident Patricio Aylwin, Santiago de Chile, 21. Oktober 1991, 09.30 - 11.00 Uhr[1]

Präsident Aylwin begrüßt den Bundeskanzler aufs herzlichste und drückt seine Freude darüber aus, daß der erste Besuch, den er als Regierungschef des Vereinten Deutschland Lateinamerika abstattet, Chile gilt. Dies sei Ausdruck der großen Wertschätzung des deutschen Volkes gegenüber den Chilenen.

Der Bundeskanzler dankt für den herzlichen Empfang - auch er habe gestern und heute empfunden, wie tief die freundschaftlichen Verbindungen des chilenischen Volkes gegenüber den Deutschen sind.

Der Bundeskanzler erkundigt sich sodann, wie lange der Präsidentenpalast beim Sturz Allendes umkämpft gewesen sei.

Präsident Aylwin schildert den Hergang der dramatischen Ereignisse: Beginn der Belagerung des Palastes um sieben Uhr früh, dann etwa zwei bis drei Stunden Kampf, gegen Mittag Bombardierung durch die Luftwaffe - getroffen worden sei der Flügel des Palastes, wo damals die Präsidentenbüros gewesen seien. Um zwei Uhr nachmittags habe sich die Moneda ergeben und in diesem Moment habe Präsident Allende Selbstmord begangen.

Auf Frage des Bundeskanzlers, ob dies eindeutig Selbstmord gewesen sei, bestätigt Präsident Aylwin, daß daran heute niemand mehr zweifle, selbst die nächsten Angehörigen Allendes nicht. Der Leibarzt Allendes, der ihn bis zuletzt begleitet habe, habe die Tatsache des Selbstmordes bestätigt. Allende sei gefunden worden mit einer Maschinenpistole in Händen, die ihm Fidel Castro geschenkt habe - mit dieser habe er sich offenbar in den Kopf geschossen.

Im übrigen - so Präsident Aylwin weiter - passe der Selbstmord zur Mentalität und zum Stil Allendes im letzten Jahr seiner Amtszeit. Allende selbst habe zwei bedeutsame Sätze gesprochen: "Sie kriegen mich nicht lebend aus der Moneda heraus" und - sich auf die eigenen Schenkel klopfend - "Dies ist das Fleisch, aus dem ein Denkmal gemacht wird".

Nicht zuletzt sei Allende dem Vorbild des Präsidenten Balmaceda verhaftet gewesen, der sich 1891 ebenfalls am Ende des damaligen Bürgerkrieges erschoß.

Der Bundeskanzler wirft ein, Allende habe auf diese Art und Weise seinen Mythos verewigt.

Präsident Aylwin bestätigt - das Ende Allendes sei die Erfüllung von dessen eigenen Prophezeiungen gewesen.

Auf Bitten des Bundeskanzlers schildert Präsident Aylwin sodann, wie er selbst jenen dramatischen Tag erlebt habe:

Damals habe der frühere Präsident Frey - er selbst habe daneben gestanden - den Militärbefehlshaber von Santiago angerufen und gebeten, das Leben Allendes zu schonen. Die Militärs hätten daraufhin erklärt, daß ein Flugzeug bereitgestellt sei, mit dem Allende das Land verlassen könne. Dieses aber habe Allende strikt abgelehnt.

Der Bundeskanzler hält für wahrscheinlich, daß das chilenische Militär Allende tatsächlich auf diese Art und Weise habe loswerden wollen.

Präsident Aylwin pflichtet bei - allerdings hätte man nicht mit Sicherheit voraussagen können, wie die Sache weitergegangen wäre. Wahrscheinlich hätte Allende eine Exilregierung zu bilden versucht.

Der Bundeskanzler bezweifelt, ob er damit sehr erfolgreich gewesen wäre. Sein Tod sei jedoch der Anfang eines Mythos der internationalen Linken gewesen. Weltweit sei er zum Helden erklärt worden.

Der Bundeskanzler zieht sodann die Parallele zum pakistanischen Ministerpräsidenten Bhutto: Auch dieser sei, obwohl eine wenig erfreuliche Figur, durch seine Hinrichtung erst zum mythischen Führer seines Volkes geworden. Blut erzeuge Blut - und manchmal breche es erst nach Jahrzehnten in der Generation der Enkel wieder auf.

Präsident Aylwin bestätigt dies - das Schicksal des Präsidenten Balmaceda sei ein gutes Beispiel dafür: Noch heute habe er in Chile Anhänger.

Der Bundeskanzler verweist auf eine interessante Parallele in Frankreich: Dort komme erst heute die über viele Jahrzehnte verdrängte Wahrheit über das Vichy-Regime und Präsident Pétain wieder ans Licht. Frankreich setze sich erst heute mit der Tatsache auseinander, daß zwischen der Befreiung 1944 und 1950 etwa eine halbe Million Franzosen umgebracht worden seien, davon mindestens ein Drittel als Kollaborateure ohne Prozeß erschossen (Exkurs: Prozeß gegen Barbie - kein Todesurteil, weil Barbie offenbar zu viel wußte).

Der Bundeskanzler berichtet schließlich von einem Gespräch mit Staatspräsident Mitterrand, in dem - auf seine Frage - Mitterrand nicht ausgeschlossen habe, daß Pétain, wie von ihm gewünscht, in Verdun beerdigt werde - möglicherweise plane Mitterrand gegen Ende seiner Amtszeit eine derart versöhnende Geste.

Präsident Aylwin schildert den Prozeß der Wiedereinführung der Demokratie in Chile: Hier habe es viele Elemente gegeben, die Konsenslösungen unumgänglich gemacht hätten - hätte man den Geist der Rache, der in der Diktatur geherrscht habe, fortgesetzt, wäre das Volk endgültig auseinandergerissen worden.

Der Bundeskanzler bekräftigt: eine radikale Politik zu führen sei einfach, schwer aber, eine Mittellinie zu finden. Am Klügsten in Europa hätten sich die Spanier im Übergang von Diktatur zu Demokratie verhalten.

Präsident Aylwin pflichtet lebhaft bei.

Der Bundeskanzler hält - gerade noch den Grausamkeiten des spanischen Bürgerkrieges - für bewundernswert, wie die Spanier - und insbesondere Ministerpräsident Felipe Gonzalez - den Übergang bewältigt haben.

Präsident Aylwin pflichtet bei, die spanische Erfahrung sei ein gutes Lehrstück. Allerdings habe er sowohl Felipe Gonzalez als auch Adolfo Suarez gesagt, daß Spanien gegenüber Chile zwei Vorteile gehabt habe: Der Bürgerkrieg habe dort vierzig Jahre zurückgelegen, in Chile nur siebzehn Jahre. Franco sei gestorben - Pinochet aber sei Oberbefehlshaber des Heeres. Mit Franco als Chef der Streitkräfte hätten es auch die Spanier schwer!

Der Bundeskanzler führt fort, er stehe gewiß nicht im Verdacht, Franco-Anhänger zu sein. Gleichwohl sei er voller Bewunderung, wie Franco Hitler und Mussolini betrogen und Spanien aus dem zweiten Weltkrieg herausgehalten habe. Mussolini hätte - so der Bundeskanzler weiter - hin-sichtlich Italiens eine ähnliche Rolle spielen können, Hitler habe ihn nicht als Kriegsverbündeten gewollt. Aber Mussolini habe sein Volk ins Unglück geführt.

Präsident Aylwin sieht als wesentliche Aufgabe seiner Regierung, Chile dahin zu führen, daß es die Vergangenheit überwinde, und zu verhindern, daß die Vergangenheit zurückkehre. In diesem Sinn sei die Politik von Suarez und Gonzalez für ihn Vorbild.

Der Bundeskanzler betont, auch für Europa sei Gonzalez ein Glücksfall. Er sei im übrigen der einzige Europäer gewesen, der bei der deutschen Wiedervereinigung keine Komplexe gehabt und ihm - dem Bundeskanzler - als einer der ersten aufs herzlichste gratuliert habe. Allerdings habe er - der Bundeskanzler - sich seit Anfang seiner Amtszeit auch nachdrücklich für den spanischen EG-Beitritt eingesetzt.

Der Bundeskanzler berichtet sodann von unseren gegenwärtigen Problemen die Stasi-Erbschaft zu bewältigen. Dies sei im übrigen ein typisch deutsches Problem, denn vierzig Jahre lang sei alles aufgeschrieben worden: Denunziationen, Berichte wahr oder erdichtet -, abgehörte Gespräche. Insgesamt 50 km Akten!

Kein Mensch aber wisse, was wirklich gesagt worden und geschehen sei. Auch bleibe die Frage - wer ist Täter, wer ist Opfer? - oft unbeantwortet. Manchmal wünsche er, es gäbe einen Vulkan, in den man diese Akten hineinwerfen könne.

Es gehe auch um eine elementare Frage der Gerechtigkeit. Die Haupttäter seien entweder uralt - der ehemalige Stasi-Chef sei jetzt achtzig – oder außer Landes, währenddessen würden junge Soldaten, die an der Grenze geschossen hätten, verurteilt.

Honecker sitze in Moskau und fühle sich offensichtlich wohl genug, lange Fernsehinterviews zu geben. Er habe dabei gezeigt, daß er jedes Gefühl für die Wirklichkeit verloren habe. Seine Selbstgerechtigkeit sei ekelerregend. Er habe nichts dazugelernt. Aber den Mut, sich den Deutschen zu stellen, habe er nicht. Dabei sei er - der Bundeskanzler nicht einmal sicher, ob nicht ein deutsches Gericht Honecker seines Alters und seines Gesundheitszustandes wegen nicht verurteilen oder - wenn verurteilt - mit Haft verschonen werde.

Er sei - so der Bundeskanzler weiter - sehr froh, daß Honecker nicht nach Chile kommen könne. Dies würde in Deutschland niemand verstehen. (Exkurs: Auf Frage des Bundeskanzlers erläutert Präsident Aylwin die Lebensumstände von Honeckers Tochter und Schwiegersohn in Chile).

Präsident Aylwin fährt fort, ein Teil der chilenischen Sozialisten, die in der Pinochet-Zeit in der DDR Zuflucht gefunden hätten, fühle sich Honecker gegenüber zur Dankbarkeit verpflichtet, weil er sie persönlich gut behandelt habe. Diese Leute bestünden darauf, daß seine Regierung Honecker ins Land lasse. Aber seine Haltung sei eindeutig, eine Einreise Honeckers nach Chile werde nicht genehmigt, außer wenn er mit einem gültigen deutschen Paß einreise.

Der Bundeskanzler betont, diesen bekomme Honecker nicht - er habe lediglich einen Reisepaß zur Rückreise nach Deutschland erhalten. Wenn die chilenischen Sozialisten - so der Bundeskanzler weiter - ihrer Dankbarkeit Ausdruck geben wollten, so sollten sie für Honecker Geld sammeln, damit er in Moskau, dessen Geschäfte er früher besorgt habe, ordentlich leben könne.

Er - der Bundeskanzler - glaube nicht, daß die Russen Honecker ausreisen lassen werden - wahrscheinlich aber sei, daß er, nachdem der KGB nicht mehr in alter Form existiere, bald kein Geld mehr bekomme.

Präsident Aylwin wirft ein, der Bundeskanzler bringe ihn auf eine gute Idee!

Der Bundeskanzler betont, er meine es ernst: wenn Honecker in Moskau bleibe, hätten die Chilenen kein Problem und wir auch nicht ... Er - der Bundeskanzler - sei nicht auf Rache erpicht. (Exkurs: Erste Begegnung BK - Honecker bei Beerdigung Andropow)

Der Bundeskanzler schildert sodann den offiziellen Besuch Honeckers im Herbst 1987 - dies sei für ihn eine schlimme Erfahrung gewesen, und jeder, der ihn kenne, habe gesehen, wie ihm die Umstände des Besuchs -die offizielle Begrüßung, die Fahnen vor dem Kanzleramt - wider den Strich gegangen seien. Er sei wie ein Stein gewesen.

Aber dieser Besuch sei für Honecker der Anfang vom Ende gewesen. Denn zur Besuchsabsprache habe gehört, daß die Reden beim offiziellen Abendessen in ganz Deutschland durch das Fernsehen übertragen würden. Und dann habe er - der Bundeskanzler -, während Honecker daneben saß, vor den Kameras gesagt, daß die Mauer eine Schande sei und die Einheit kommen müsse und werde. Und mindestens 10 Mio Deutsche in der DDR hätten dies über ihren eigenen Fernsehsender gesehen.

Ein Geniestreich unsererseits sei auch der Milliardenkredit gewesen: Nicht als Staatskredit gewährt, sondern als Bankenkredit mit Staatsbürgschaft, die aber nicht in Anspruch genommen worden sei. Für einen Aufwand von Null DM hätten wir weitgehende Reisefreiheit durchgesetzt, zunächst für Rentner, dann für immer breitere Kreise der Bevölkerung: 1988 habe es schließlich über 5 Millionen Besucher gegeben... und die Leute hätten selber die Wirklichkeit der Bundesrepublik Deutschland sehen können. Dies sei Honeckers Ende gewesen. Kurz darauf habe auch Gorbatschow ihn fallengelassen.

Präsident Aylwin wirft ein, damit sei in der Tat die erste Bresche in die Mauer geschlagen worden.

Der Bundeskanzler berichtet sodann vom Gorbatschow-Besuch im Juni 1989, bei dem er erstmals mit dem sowjetischen Staatspräsidenten über den "Großen Vertrag" gesprochen habe. Schon damals sei ihm aufgefallen, daß Gorbatschow nicht massiv widersprochen habe, als er die deutsche Einheit zur Voraussetzung für alles weitere erklärt habe.

Auch hier - so der Bundeskanzler weiter - müsse man in der Geschichte noch zurückgehen: Tatsächlich sei ohne die deutsche Entscheidung über die Stationierung der Pershing 1983 die Entwicklung der Sowjetunion hin zu Gorbatschow und zur Perestroika so nicht möglich gewesen. Noch 1983 habe die alte Führungsriege in Moskau - Andropow, Tschernenko, Gromyko - gemeint, der Westen werde vor den SS20 in die Knie gehen. In der Tat hätten die Amerikaner - so der Bundeskanzler weiter - ihre Position verändert, wenn die Deutschen aus der Bündnissolidarität ausgebrochen wären.

Im übrigen liege hier eine historische Schuld der deutschen Sozialdemokraten, die Wirklichkeit völlig verkannt und für Nachgiebigkeit gegenüber Moskau plädiert zu haben.

Präsident Aylwin dankt für diese hochinteressanten Hintergründe - im übrigen halte er den Gedanken des Bundeskanzlers, die chilenischen Sozialisten für Spenden zugunsten Honeckers zu ermutigen und damit ruhigzuhalten, für gut. (Exkurs: Scharfmacherische Rolle von Margot Honecker als DDR-Bildungsministerin).

Der Bundeskanzler fährt fort, zwischen Deutschland und Chile gäbe es Gottseidank keine bilateralen Probleme.

Ihm liege jedoch daran, mit Präsident Aylwin abzustimmen, was man auf wahrscheinliche Pressefragen hinsichtlich Colonia Dignidad sagen werde. Er selbst wolle sich auf folgender Linie äußern: Man habe über das Problem gesprochen; er habe jedes Vertrauen in die Regierung Präsident Aylwins; selbstverständlich müsse alles rechtlich korrekt zugehen; unser Interesse sei, daß sichergestellt werde, da in diesem Lager keine unmenschliche Behandlung von Deutschen durch Deutsche stattfinde und daß dort die chilenischen Gesetze eingehalten würden. Wenn es zutreffe, daß es dort Mauern gebe, dann müßten sie verschwinden, genau wie die in Berlin.

Präsident Aylwin dankt für das Vertrauen. Seine Regierung tue alles, was rechtlich möglich sei, um die Dinge in der Colonia Dignidad in Ordnung zu bringen und das chilenische Recht durchzusetzen. Bedauerlicherweise seien die juristischen Verfahren in Chile ziemlich langsam - übrigens wohl auch in Deutschland. Man habe der Stiftung ihre Rechtspersönlichkeit entzogen und Steuerverfahren eingeleitet. Sein besonderes Anliegen sei, daß die Arbeitsgesetzgebung dort angewandt werde, desgleichen die Gesetze über Gesundheit und Erziehung.

Insgesamt mache man Fortschritte, aber Kern des Problems sei, daß es sich um eine Sekte handele, die - wie jede Sekte - von großem Fanatismus erfüllt sei. Er hege die Befürchtung, daß, wenn man mit zu großer Energie vorgehe, dort ein Holocaust veranstaltet werden könnte, wie das ja bereits einmal in Guayana geschehen sei. Deshalb sei wichtig, den ordnungsgemäßen Rechtsweg und die notwendigen Verwaltungsentscheidungen mit Klugheit und Festigkeit auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Er hoffe, daß es ihm in seiner Amtszeit noch gelinge, das Leben der Menschen dort in die Normalität zurückzuführen.

Der Bundeskanzler bittet Präsident Aylwin, dies vor der Presse zu wiederholen, er werde dann dem Präsidenten ausdrücklich danken und sein Vertrauen bekräftigen.

Im übrigen - so der Bundeskanzler weiter - seien Sekten eine üble Erfahrung unserer Zeit.

Präsident Aylwin wirf ein, hier gehe es um Bevölkerungsgruppen, die sich gegen die Moderne auflehnten.

Der Bundeskanzler fährt fort, eine wesentliche Ursache dafür sei das Versagen der Kirchen. Wenn Kirchen keine Frömmigkeit mehr praktizierten und das Mysterium des Glaubens nicht mehr lehrten, sondern Politik betrieben, dann sei die Verbreitung von Sekten die logische Folge. Dies sei in Deutschland besonders bei der Evangelischen Kirche spürbar. Aber auch die katholische Kirche durchlebe bei uns eine krisenhafte Entwicklung, nicht so sehr zwischen Pfarrern und Bischöfen, aber im Verhältnis zu Rom.

Die Verengung der Theologie auf die Sexualethik sei indiskutabel. Während des Pontifikats von Johannes XXIII habe die katholische Kirche einen gewaltigen Aufschwung erlebt - das Aggiornamiento sei eine große Sache gewesen, und auch Papst Johannes Paul seit mit großer Hoffnung begrüßt worden. Aber die anfänglichen Illusionen seien geschwunden, weil der Papst die Wirklichkeit des Lebens nicht sehe. Als der Papst ihm - dem Bundeskanzler - die hohe Geburtenrate in Polen und die niedrige in Deutschland vorgehalten habe, habe er nur erwidern können, daß es in Polen pro Kopf der Bevölkerung mehr Abtreibungen gebe als in Deutschland.

Präsident Aylwin pflichtet bei: diese Erscheinung gebe es nicht nur in Deutschland. Johannes Paul II habe aufgrund seines großen Charisma auch in Lateinamerika große Wirkung entfaltet. Aber die von ihm vertretene orthodoxe Linie sei vollkommen losgelöst von der Realität der katholischen Kirche in Lateinamerika.

Der Bundeskanzler knüpft sodann an die Gespräche mit Finanzminister Foxley in Bonn an und erneuert seine Bereitschaft, Chile zu unterstützen, engere Beziehungen zur Europäischen Gemeinschaft aufzunehmen (Exkurs: europäische Einigung Binnenmarkt - Erweiterung um Österreich und Schweden und andere Staaten - Assoziierungsabkommen mit den MOE).

Europa - so der Bundeskanzler weiter - sei in einem gewaltigen Aufschwung begriffen. In den USA hätten einige - nicht Präsident Bush oder AM Baker, aber viele Angehörige von Senat und Abgeordnetenhaus sowie Wissenschaftler - große Probleme, dies richtig zu würdigen. Sie seien nach dem praktischen Zerfall der SU überzeugt, daß es jetzt nur noch eine Weltmacht, die USA, gebe, die entsprechend schalten und walten könne. Diesen Leuten behage es überhaupt nicht, daß die Europäer nun tatsächlich kämen! Sich darauf einzustellen, falle etwa den Kanadiern oder den Australiern sehr viel leichter, und er - der Bundeskanzler - hoffe sehr, daß auch Chile sich in diese Richtung bewege. Seine jüngsten Gespräche mit Präsident Salinas hätten ihm gezeigt, daß auch Mexiko, das selbst eine engere wirtschaftliche Integration mit den USA vorhabe, sich auf die Realität Europas einstelle. (Exkurs: Bundesrepublik Deutschland und Spanien als Förderer von engeren Beziehungen zu Lateinamerika).

Präsident Avlwin dankt dem Bundeskanzler für die Bereitschaft. die Verbindungen Chiles zur Europäischen Gemeinschaft zu festigen - auch MP Felipe Gonzales habe ihm dies zugesichert.

Er - Aylwin - sei überzeugt, daß Chile, wie alle Länder Lateinamerikas, die Armut nicht überwinden und nicht zur Entwicklung kommen können, wenn man isoliert handele. Integration sei fundamental, nicht nur zwischen Ländern Lateinamerikas, sondern in der Welt insgesamt.

Präsident Aylwin berichtet sodann über das Freihandelsabkommen mit Mexiko und über Gespräche FM Foxley mit US-Trade Representative Carla Hills.

Er sei danach überzeugt, daß Präsident Bush und seine Administration dafür seien, den amerikanischen Markt auch für Chile zu öffnen – offenbar werde man im Kongreß weniger Schwierigkeiten haben als im Fall Mexikos.

Chile - so Präsident Aylwin weiter - wolle auch engere Beziehungen zu Asien, insbesondere zu Japan anknüpfen, vor allem aber in Richtung Europa. Er wisse zu schätzen, was der Bundeskanzler gestern in der Deutschen Schule über den Weg zur Integration Europas und zu dessen Öffnung gegenüber Lateinamerika gesagt habe.

Chile könne - so der Präsident weiter - nicht aus der Armut herauskommen, wenn es seine Erzeugnisse nicht gut verkaufen könne. Dabei gehe es nicht nur um Rohstoffe, sondern auch um Halb- und Fertigwaren. In diesem Sinn sei die Haltung des Bundeskanzlers hinsichtlich des europäischen Marktes sehr ermutigend. Er wisse zwar, daß es in Frankreich und anderen Ländern der Gemeinschaft noch große Widerstände hinsichtlich der landwirtschaftlichen Erzeugnisse gebe.

Der Bundeskanzler wirft ein, für ihn sei absolut notwendig, die Uruguay-Runde im GATT zum Erfolg zu bringen, daran führe kein Weg vorbei. Ein Rückfall in Protektionismus wäre katastrophal, sowohl für die Industrie- wie für die Entwicklungsländer. Gerade heute seien seine Mitarbeiter bei Staatspräsident Mitterrand, um die Weichen mit Frankreich richtig zu stellen. Allerdings müsse man sehen, daß es bei GATT nicht allein um die Landwirtschaft gehe. Auch die USA müßten zu größeren Kompromissen bereit sein.

Präsident Aylwin pflichtet lebhaft bei.

Der Bundeskanzler erläutert sodann die innenpolitischen Widerstände gegen Änderungen der gegenwärtigen Landwirtschaftspolitik in D und F - ein-schließlich Wahlverhalten der Landwirte - und betont, man könne eine über vierzigjährige Fehlentwicklung nicht über Nacht verändern. Aber Bewegung sei unerläßlich.

Der Bundeskanzler fragt sodann nach Beziehungen Chile mit Kuba.

Präsident Aylwin führt aus, es gebe derzeit sehr wenige Kontakte. Allerdings habe er während der Konferenz der lateinamerikanischen Staats- und Regierungschefs in Guadalajara mit Fidel Castro gesprochen; hinterher habe er seine Eindrücke mit den Präsidenten Salinas, Andres Perez und Gaviria, die ihrerseits mit Castro gesprochen hätten, ausgetauscht.

Allgemeiner Eindruck sei, daß Castro in einer verzweifelten Situation sei, wirtschaftlich wie außenpolitisch - Kuba stehe in der Welt allein.

Er - Aylwin - und seine Präsidentenkollegen hätten Castro dringend geraten, die neuen Realitäten der Welt zu erkennen und Kuba zu demokratisieren. Wenn es wie in Nicaragua freie Wahlen gäbe, werde sich das Bild deutlich ändern. Möglicherweise werde Castro sogar die Wahlen gewinnen und könnte sich als Urheber der Demokratisierung ausweisen - als kubanischer Gorbatschow.

Castro aber sei derartigen Gedanken völlig unzugänglich. Er sei von heldischer Mentalität besessen. Er glaube, daß die USA ihn beseitigen und Kuba unterdrücken wollten.

Bei alledem bleibe es Verantwortung Lateinamerikas, den unerläßlichen Veränderungsprozesses in Kuba mit Nachdruck und mit Vorsicht zu fördern. Hingegen wäre es - und dies habe er Präsident Bush mit aller Deutlichkeit gesagt - außerordentlich schädlich, wenn die USA Gewalt anwenden würden. Dies würde die Gesamtheit der Länder Lateinamerikas in eine sehr schwierige Situation bringen.

Der Bundeskanzler pflichtet bei. Aufgrund seiner Gespräche mit Präsident Bush glaube er allerdings nicht, daß die USA militärisch intervenieren könnten. Kuba sei nicht Panama, und im übrigen wäre eine militärische Aktion gegenüber Kuba der amerikanischen Öffentlichkeit - die die Fernsehbilder sehen werde - nicht vermittelbar.

Präsident Aylwin hält diese Aussage des Bundeskanzlers für sehr beruhigend.

Er glaube, daß Castro im Abstieg begriffen sei. In einem bestimmten Moment werde es auch in Kuba eine Systemänderung geben müssen. Jedenfalls habe Castro schon heute den Revolutionsexport eingestellt. Castro habe dazu auch keine Mittel mehr. (Exkurs: Unterstützung der chilenischen Linken durch Castro - heute eingestellt).

Der Bundeskanzler dankt für diese Erläuterungen und für dieses Gespräch insgesamt - nun wolle man der beiderseitigen preußischen Erbschaft - der Pünktlichkeit - gerecht werden und sich zur Abkommensunterzeichnung begeben.

(Dr. Kaestner)

 

[1]   BArch, B 136/59746, 267-278.

[Editor’s note: This document was also published, in the German original, in Andreas Wirsching, Hélène Miard-Delacroix, and Gregor Schöllgen, eds., Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland 1991 (Berlin; Boston: De Gruyter Oldenbourg, 2022),  https://doi.org/10.1515/9783110762204.]

Head of Division 21                                                                                                          Santiago, 21 October 1991

 

M e m o r a n d u m

 

Subject: The Chancellor's Meeting with President Patricio Aylwin, Santiago de Chile, 21 October 1991, 09:30 – 11:00 hours[1]

 

President Aylwin greets the Chancellor very cordially. He expressed his gratefulness, saying that he was delighted that the Chancellor’s first visit in Latin America in his capacity as Chancellor of unified Germany was in Chile. This reflected the appreciation of the German populace for Chile.

The Chancellor expresses his appreciation for the warm welcome. Yesterday and today, he also got a feeling for the depth of the friendly ties between the people of Chile and the Germans.

The Chancellor queries about how long the President’s Palace was embattled during the fall of Allende.

President Aylwin depicts the course of these dramatic events: Start of the siege at 7:00 am, fight for two or three hours, about noon bombardment from the air force – the wing of the palace had been hit where the Presidential offices had been back then. Moneda had surrendered at two in the afternoon and President Allende had committed suicide at this point.

Upon the Chancellor’s question of whether it had clearly been suicide, President Aylwin confirms that there was no doubt about it today, even Allende’s family did not doubt it. Allende’s personal physician, who had accompanied him until the very last hour, had confirmed it as well. Allende had been found holding a machine gun in his hands which had been a gift from Fidel Castro. Apparently, had shot himself in the head using this gun.

By the way, as President Aylwin continues, suicide fit Allende’s mentality and his style during his last year in office. Allende himself had said two important statements: "They won’t be able to catch me alive in the Moneda" and – knocking his thighs - "This is the flesh for the establishment of a monument.” Last but not least, Allende saw President Balmaceda as a role model, who had committed suicide, as well, at the end of the civil war in 1891.

The Chancellor inserts that Allende had created his own myth.

President Aylwin confirms – Allende’s death had been a self-fulfilling prophecy.

Upon the Chancellor’s request, President Aylwin then elaborates how he had experienced this dramatic day. At the time, former President Frey – he had stood next to Frey himself – had called the military commander of Santiago, asking him to spare Allende. Thereupon, the military said that an airplane had been made available which Allende could use to leave the country. Allende had strictly rejected this.

The Chancellor thought it likely that the Chilean military had, indeed, tried to get rid of Allende this way.

President Aylwin affirms this, though one would not have been able to predict how the thing would have played out in the end. Allende would have presumably tried to form a government in exile.

The Chancellor doubts whether this would have been successful. However, his death had been a myth for the international Left early on. He had been declared a hero on a global scale.

The Chancellor draws a parallel to the case of Pakistan’s Prime Minister Bhutto: He had also become a mythical figure for his people, albeit that he had not been a pleasant figure. Blood created blood – sometimes this becomes apparent again in the grandchildren’s generation.

President Aylwin affirms this – President Balmaceda’s fate was good example. He still had supporters in Chile today.

The Chancellor points to an interesting parallel in France: The often-suppressed truth of the Vichy regime and marshal Pétain would only come to light again today. France would only deal with this fact today, confessing that at least half a million people had been killed between France’s liberation in 1994 and 1950 – at least one third of them collaborators without any trial (Excursus: Barbie trial, no death sentence as Barbie had obviously know too much).

The Chancellor reports on his conversation with President Mitterrand in which Mitterrand, upon his question, had not excluded that Pétain might be buried in Verdun, as he had wished. It might be that Mitterrand was planning such a reconciling gesture at the very end of his tenure.

President Aylwin depicts the process of democracy’s reintroduction in Chile: There had been a variety of factors making consensual solutions inevitable. If one had maintained the mentality of revenge, which had been prevalent during the dictatorship, the populace would have finally been torn apart.

The Chancellor affirms that it was easy to pursue radial policies but challenging to have a moderate line. The Spanish had been the wisest ones in managing the transition from dictatorship to democracy.

President Aylwin vividly affirms this.

The Chancellor thought it was particularly admirable how the Spanish, and particularly Prime Minister Felipe Gonzalez, had mastered the transition – if one take into account the atrocities of Spain’s civil war.

President Aylwin affirms this, saying that the Spanish experience was a good role model. However, he had told both Felipe Gonzalez and Adolfo Suarez that Spain had had two advantages compared to Chile. The Spanish civil war had been 40 years ago. In Chile, it was just 17 years ago. Franco had died, Pinochet was commander in chief. Spain would have had difficulties having Franco as commander in chief.

The Chancellor says that he was not suspicious of being a supporter of Franco. At the same time, he was full of admiration of Franco’s ability to betray Hitler and Mussolini, managing to keep Spain out of World War II. Mussolini could have played a similar role with regards to Italy, Hitler had not wanted him as a wartime ally. But he had led his populace into misfortune.

President Aylwin says it was the primary task of his government to help Chile overcome its past, in order prevent a relapse in the past. In this sense, the policies of Suarez und Gonzalez were good examples.

The Chancellor says that Gonzalez was a godsend for Europe as well. By the way, he had been the only European statesman without complexes with regards to Germany’s unification and one of the first ones to congratulate the Chancellor very cordially. At the same time, he, the Chancellor, had taken a strong stand on behalf of Spain’s EC entry at the outset of his tenure.

The Chancellor then reports on our current problems in copying with the Stasi legacy. By the way, this was a typical German problem because everything had been written down: denunciation, reports whether true or not, bugged conversations. 50 km of files overall!

Nobody knew what had really been said and done. We had to cope with the question of who actually was a perpetrator and who was a victim. Sometimes he wished there was a volcano where one could dispose all of these materials. This was also about the essential question of justice. The main perpetrators were very old – the former Stasi chief was 80 – or outside of the country. At the same time, one prosecuted young soldiers who had shot people at the border.

Honecker sat in Moscow and felt well enough to give long television interviews. He proved that he had lost any kind of feeling for reality. His self-righteousness was disgusting. He had learnt nothing. He did not have to courage to face the Germans. He, the Chancellor, was not even sure whether a German court would sentence Honecker due to his age and his health condition. Even if he was sentenced, it might be that he would be spared imprisonment.

He, the chancellor, was very glad the Honecker could not come to Chile. Nobody would understand this in Germany (Excursus: Upon the Chancellor’s request, President Aylwin elaborates on the living conditions of Honecker’s daughter and son-in-law in Chile).

President Aylwin says that some of Chiles’s socialists, who had found refuge in the GDR during Pinochet’s time, felt obliged to be grateful as he had treated them well, personally. These people insisted that the government ought to let Honecker immigrate. But his position was firm: One would not approve Honecker’s entry in Chile except if he had a valid German passport.

The Chancellor says Honecker did not obtain one. He had merely received an international passport in order to return to Germany. If the Chilean socialist wanted to show their gratitude, they could collect some money for Honecker so that he could live properly in Moscow where he had previously done business.

He, the chancellor, did not believe that the Russians would let Honecker leave the country. It was probably that he would no longer receive money at a point in time when the old KGB was dissolved.

President Aylwin inserts that the Chancellor gave him a good idea!

The Chancellor says he was serious: If Honecker stayed in Moscow, both the Chileans and we did not have a problem. He, the Chancellor, did not want revenge (Excursus: First meeting Chancellor-Honecker on the occasion of Andropov’s funeral [in February 1984]).

The Chancellor depicts Honecker’s official visit in the fall of 1987. This had been a terrible experience for him, and everyone who knew him could see how each of the conditions of the visit had gone against his grain – the official welcome, the flags in front of the chancellor’s office. He had felt like stone.

However, the visit had been the beginning of the end for Honecker. It was part of the visit arrangement that the dinner addresses were broadcast in Germany as a whole on TV. He, the Chancellor, had said before the cameras that the wall was a shame while Honecker had been sitting next to him. He said that unification had to come and that it would come someday – at least 10 million Germans in the GDR had watched this live on their own televisions.

The billion DM loan [of 1983] had been another stroke of genius. It was not donated as a state credit but as a bank credit with government guarantee which had not been used, however. In return for a cost of zero DM, we had established extensive freedom of travel, for pensioners and for broader groups of people. There had been more than 5 million visitors in 1988. They had been able to see the reality in the Federal Republic. This had been the end for Honecker. Gorbachev had dropped him shortly thereafter.

President Aylwin inserts that it had, indeed, been possible to breach the wall.

The Chancellor reports on Gorbachev’s visit in June 1989. On this occasion, he had discussed the "Grand Treaty" with Gorbachev for the first time. At that point in time, he had already noticed that Gorbachev had not opposed him massively when he had raised Germany’s unity as a precondition for everything else.

Regarding this, he also had to go back to an earlier point in time. In fact, the development in the Soviet Union and the start of Gorbachev’s perestroika would not have been possible without the deployment of Pershing missiles in 1983.

Still in 1983, the old leadership guard in Moscow – Andropov, Chernenko, Gromyko – thought that the West would go on its knees facing the SS-20. Indeed, the Americans would have changed their position if the Germans had abandoned alliance solidarity. By the way, this was an issue of historical guilt for the Social Democrats, who had been ignoring reality and pleading for compliance toward Moscow.

President Aylwin thanks the chancellor for this kind of highly interesting background information. By the way, he appreciated the Chancellor’s idea to encourage the Chilean Socialist for donations to the benefit of Honecker to quieten them (Excursus: Inflammatory role of Margot Honecker as GDG education minister).

The Chancellor says that, thank God, there were no bilateral problems between Germany and Chile. However, he was interested to coordinate his press statement with President Aylwin regarding Colonia Dignidad. He wanted to take the following line: They had discussed the problem; he had trust in President’s Aylwin’s government; it goes without saying that everything had to be in line lawfully; our interest was to ensure that there was no inhumane treatment of Germans through Germans in the camp. Chile’s law had to be obeyed. If it was correct that there were walls, they had to be removed, as had been the case in Berlin.

President Aylwin thanks the chancellor for his trust. His government did all it could in order to fix things in Colonia Dignidad and in an effort to enforce Chile’s laws. It was a pity that legal processes in Chile were quite slow, as they were in Germany as well, by the way. One had deprived the foundation of its legal personality and launched fiscal control procedures. His primary interest was to apply labor laws and laws on health and education, as well.

There was progress overall, but the root of the problems was that this was a sect that was full of bigotry. His concern was that that, if one applied too much energy, this might result in a holocaust as had been the case in Guyana. Thus, it was important to pursue the legal way, applying the necessary administration decisions with wisdom and firmness. He hoped that, in the rest of his tenure, he would manage to bring peoples’ lives on Colonia Dignidad back to normal.

The Chancellor asks President Aylwin to repeat this in front of the press. He would then thank the President explicitly, reaffirming his trust.

By the way, the Chancellor continues, sects were a miserable phenomenon of our time.

President Aylwin inserts that it was about certain groups who rebelled against modernity.

The Chancellor says that the failure of churches was a major reason. If churches did not practice piety and did not teach the mystery of faith but were conducting policy instead, the spread of sects was a logical consequence. In Germany, this was particularly apparent in the Protestant Church. But the Catholic Church was going through a crisis as well. This was not a matter of the priests and the bishops, but rather a problem with the relationship toward Rome.

The narrowing of theology with a focus on sexual ethics was intolerable. During the pontificate of Johannes XXIII, the Catholic Churched had witnessed a tremendous rise. The Aggiornamiento had been a huge thing, and Pope Johannes Paul II had been welcomed with great hope. However, the initial illusions had vanished as the Pope did not acknowledge the facts of life. When the Pope held the high birth rates in Poland and the low ones in Germany against him, his response was that Poland’s abortion rate was higher than in Germany.

President Aylwin affirms: This was not just a phenomenon of Germany. Johannes Paul II had radiated great effects in Latin America due to his charisma. But his orthodox line was not in touch with the reality of the Catholic Church in Latin America.

The Chancellor then refers to his conversation with Finance Minister Foxley in Bonn reaffirming his willingness to assist Chile in its efforts to establish closer ties with the European Community (Excursus: European integration, single market, expansion including Austria and Sweden and other countries, association agreements with the Central and Eastern European countries).

The Chancellor says that Europe was in the midst of an enormous boom. Some in the USA had difficulties in appreciating this – not President Bush or Secretary of State Baker, but some members of the Senate and the House, as well as a variety of scientists. After the Soviet Union’s disintegration, they thought that there was just one global power, the United States, which was free to act as it deemed convenient. These people did not appreciate it at all that Europe was on the rise! The Canadians and the Australians had much less problems adapting to Europe’s boom. He, the Chancellor, also hoped that Chile moved in this direction. His most recent talks with President Salinas proved that even Moscow was adapting to the realities in Europe, despite the fact that they had close economic integration with the United States (Excursus: The Federal Republic of Germany and Spain as supporters of close relations with Latin America).

President Avlwin thanks the Chancellor for his readiness to foster Chile’s ties with the European Community. Prime Minister Felipe Gonzales had pledged this as well. He, Aylwin, was convinced that Chile could not overcome poverty if it acted in isolation. This applied to all Latin American countries as well. Integration was fundamental, not just between the countries of Latin America, but in the world as a whole.

President Aylwin then reports on his talks on the free trade agreement with Mexico and about Finance Minister Foxley’s talks with U.S. trade representative Carla Hills. He thought that President Bush and his administration were in favor of opening the U.S. market for Chile. Apparently, one had less problems in Congress, compared to Mexico.

President Aylwin continues, saying that Chile also wanted closer ties with Asia, particularly Japan. But his focus was on Europe. He appreciates the things that the Chancellor had mentioned in the German school yesterday on Europe’s integration and its opening toward Latin America.

Chile would not be able to overcome poverty if it was not able to sell its goods well. This was not just about raw materials but also on semi-finished and finished products. In this sense, the Chancellor’s position in the European market was very encouraging. At the same time, he knew that France and other countries in the European Community still pursued enormous opposition with regards to agricultural products.

The Chancellor inserts it was an absolute necessity for him to bring the Uruguay round in GATT toward a successful conclusion. A relapse into protectionism was catastrophic, both for the industrialized as well as the developing countries. His co-workers were just visiting President Mitterrand in France in order to do the groundwork with France. At the same time, one had to take into account that GATT was not just about agriculture. The United States had to be ready for compromise as well.

President Aylwin vividly affirms this.

The Chancellor then elaborates on the domestic opposition against changes in the current agricultural policy in Germany and France. This also pertained to the electoral behavior of farmers. One could not change an undesirable development overnight, but some movement was essential.

The Chancellor then queries about Chile’s relations with Cuba.

President Aylwin says that there was very little contact. However, he had a chance to meet Fidel Castro for a talk during the conference of Latin American states in Guadalajara. Afterwards, he had compared his impressions with presidents Salinas, Andres Perez, and Gaviria, who had talked with Castro themselves. The general impression was that Castro was in a desperate situation both economically as well as with regards to foreign policy. Cuba was in an isolated position, globally.

He, Aylwin, and his presidential colleagues had urged Castro to acknowledge the new realities in the world and to democratize Cuba. If there were free elections like in Nicaragua, thigs would change considerably. Perhaps Castro might even win the elections and could thus portray himself as the originator of democracy and as a Cuban Gorbachev. But Castro was inaccessible in terms of these ideas. He was obsessed by a heroic mentality and thought the USA wanted to suppress and eliminate Cuba. Nevertheless, it was still Latin America’s responsibility to foster the essential processes of change in Cuba with emphasis and patience. In contrast, it would be extremely harmful if the United States used force. He had made this plainly clear to President Bush. This would bring the entirety of Latin America to a very difficult situation.

The Chancellor confirms this. Based on his talks with President Bush, he did not believe that the United States could intervene militarily. Cuba was not Panama. Apart from this, an American military intervention in Cuba would not be justifiable in the American public, who would watch all of this live on TV.

President Aylwin says that the Chancellor’s statement was very disturbing. He thought that Castro was in decline. At a certain moment in time, there would be a necessity for changes in the system in Cuba as well. In any case, Castro had already terminated exporting the revolution. Castro lacked the funds for it (Excursus: Support of the Chilean left through Castro, ceased by Castro).

The Chancellor expresses his appreciation for these deliberations and for the conversation overall. Now, we had to live up to another Prussian legacy that both sides had in common – punctuality – to participate in the signing of the agreements.

(Dr. Kaestner)

 

[1] BArch, B 136/59746, 267-278.

Kohl and Aylwin discuss Honecker's release from the Chilean embassy in Moscow. Kohl recollects his personal meetings with Honecker, in particular the latter's 1987 visit in Bonn. Moreover, Kohl reflects on his inner-German trade policy and its impact for the GDR's demise, especially the billion DM loan for the GDR in 1983.


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BArch, B 136/59746, 267-278. Contributed, transcribed, and translated by Stephan Kieninger.

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2023-05-10

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300149