March 5, 1991
The Chancellor’s [Helmut Kohl's] Telephone Conversation with Iran’s President Rafsanjani on Tuesday, 5 March 1991
Neuer
Bonn, den 5. März 1991
V e r m e r k
Betr.: Telefongespräch des Bundeskanzlers mit dem iranischen Präsidenten Rafsandschani am Dienstag, dem 5. März 1991[1]
Der Bundeskanzler begrüßt den iranischen Präsidenten und gibt der Hoffnung Ausdruck, ihn bald zu sehen und persönlich kennenzulernen.
Präsident Rafsandschani dankt und erwartet ebenfalls, mit dem Bundeskanzler zusammenzutreffen. Er erklärt, Außenminister Velayati habe ihm über das Gespräch berichtet, das er mit dem Bundeskanzler geführt habe. Er danke für die Ergebnisse dieses Gesprächs.
Der Bundeskanzler gibt der Hoffnung Ausdruck, das Gespräch fortzusetzen. Er hoffe auch, daß man an die früheren guten bilateralen Beziehungen wieder anknüpfen könne, wenn sich der Rauch der Schlacht verzogen habe.
Präsident Rafsandschani bewertet ebenfalls die Entwicklung der bilateralen Beziehungen mit Deutschland hoch.
Der Bundeskanzler fährt fort, er glaube, es gebe hier Chancen. Er sei daran interessiert, wie der Präsident die innere Entwicklung im Irak beurteile.
Präsident Rafsandschani sieht große Probleme. Das eine betreffe den Irak und seinen inneren Zustand; das andere die Sicherheitslage am Persischen Golf und in dessen Umgebung. Bezüglich der Lage im Irak äußert der Präsident, sie sei sehr schlecht. Er sei besorgt über den inneren Zustand des Landes. Noch Schlimmeres sei zu befürchten, möglicherweise der Ausbruch eines Bürgerkriegs. Viele Iraker flüchteten in den Iran. Sie berichteten, daß die Kontrolle dort völlig verlorengegangen sei. Dieses Problem müsse bald in Ordnung gebracht werden. Es entstehe daraus eine Unruhe, die sich auf die ganze Region erstrecke. Es sei aber niemand im Irak, mit dem als Partner Gespräche führen könne. Allerdings sei heute eine Delegation unter Führung von Vizepräsidenten Hamadi in Teheran. Er hoffe, daß dieser Besuch Klarheit bringen werde, obwohl bis jetzt noch keine Klarheit bestehe.
Der Bundeskanzler fragt, wie der Präsident die Chancen für eine Neuordnung sehe.
Präsident Rafsandschani führt aus, die Zukunft sei dunkel, weil der Iran nicht wisse, was die Koalition vorhabe. Er sei interessiert daran, von dem Bundeskanzler zu hören, was die Koalition plane.
Der Bundeskanzler meint, er glaube, daß es noch keine endgültige Festlegung gebe. Er sei nur sicher, daß alle UNO-Resolutionen durchgesetzt werden sollten. Es sei notwendig, jetzt darüber nachzudenken, was man tun könne, um zu einem Sicherheitssystem für alle Länder der Region zu kommen. Ohne Sicherheit gebe es keinen wirtschaftlichen Aufschwung und ohne einen Aufbau der Wirtschaft keinen Abbau der sozialen Spannungen. Er glaube, auch hier sei die Rolle des Iran sehr wichtig.
Besondere Probleme seien Israel und die Palästinenser Frage. Diese Probleme dürften jetzt nicht von der Tagesordnung verschwinden. Ohne deren Lösung gebe es keinen Frieden. Sehr wichtig sei es, die volle territoriale Integrität des Irak sicherzustellen. Es habe sich nicht um einen Krieg gegen das irakische Volk gehandelt. Deshalb sei es wichtig, daß es auch keine Dimension des Krieges gegeben habe, die gegen den Islam gerichtet gewesen sei.
Der Präsident wisse, daß Deutschland alte traditionsreiche Verbindungen in den arabischen Raum und zum Islam habe. Man müsse im Bezug auf den Irak zwischen dem Regime und dem Land und seinem Volk unterscheiden. Er glaube, es sei wichtig, daß Ideen für die Lösung jetzt aus der Region selbst kommen. Es dürfe nicht der Eindruck der Vormundschaft durch andere entstehen. Auch wir Deutsche seien bereit, aus unserer Erfahrung etwas einzubringen. Der Bundeskanzler nennt in diesem Zusammenhang die wirtschaftliche Zusammenarbeit in der Europäischen Gemeinschaft und die Erfahrungen bezüglich Abrüstung und Rüstungskontrolle. Wichtig sei es, ein Sicherheitssystem für die Region zu finden, das ein Miteinanderleben ohne Bedrohung sicherstelle und damit eine Voraussetzung für den wirtschaftlichen Aufschwung schaffe.
Präsident Rafsandschani bemerkt, die Grundgedanken des Bundeskanzlers akzeptiere er. Er erwarte, daß eine Gruppe europäischer Staaten bei der Lösung helfe.
Der Bundeskanzler fragt, wie der Präsident die Rolle der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion in dem Prozeß sehe.
Präsident Rafsandschani führt aus, man sei zur Zeit sehr besorgt wegen der territorialen Integrität des Irak. Das beste, was die Sowjetunion und die Amerikaner tun könnten sei, die Region zu verlassen. Es sei besser, wenn diese Länder sich nicht einmischten, und die Menschen in der Region selbst über ihr Schicksal bestimmen ließen.
Der Bundeskanzler wirft ein, natürlich seien die Amerikaner ebenso wie die Sowjetunion im Rahmen der Vereinten Nationen jetzt in das Geschehen eingebunden.
Präsident Rafsandschani fährt fort, er glaube, der Vollzug der Resolutionen der Vereinten Nationen und die Beteiligung der Sowjetunion und der Vereinigten Staaten hierbei sei eine Sache. Aber das Volk müsse über sein Schicksal selbst bestimmen.
Der Bundeskanzler bemerkt, letztlich werde dies ja auch so sein. Er fragt, welche Möglichkeit der Präsident für den Iran sehe, die Entwicklung zu beeinflussen.
Präsident Rafsandschani weist erneut darauf hin, daß eine irakische Delegation in Teheran weile. Man müsse sehen, was für ein Ergebnis die Gespräche hätten.
Der Bundeskanzler bedankt sich und bemerkt, er würde sich freuen, wenn man nach weiterer Entwicklung in 8 bis 10 Tagen wieder einen telefonischen Kontakt aufnehmen würde.
Präsident Rafsandschani erwähnt zum Abschluß, daß es auch ein Gespräch in Damaskus gegeben habe. Er wolle gerne das Gespräch mit dem Bundeskanzler fortsetzen und ihm bei wichtiger Gelegenheit anrufen.
Der Bundeskanzler bemerkt, es sei gut von Zeit zu Zeit zu telefonieren. Es gebe ein Sprichwort in Deutschland das sage, es sei besser miteinander als übereinander zu reden.
Präsident Rafsandschanibestätigt, daß es dieses Sprichwort auch in seinem Land gebe. Man kommt überein, daß in einigen Tagen das Gespräch telefonisch fortgesetzt wird.
(Neuer)
[1] BArch, B 136/59744, 132-135.
Neuer
Bonn, 5 March 1991
M e m o r a n d u m
Subject: The Chancellor’s Telephone Conversation with Iran’s President Rafsanjani on Tuesday, 5 March 1991[1]
The Chancellor welcomes the Iranian President, expressing his hope to see him soon and to get to know him personally.
President Rafsanjani thanks the Chancellor and expects to meet him personally as well. He says that Foreign Minister Velayati had informed him about his conversation with the Chancellor. He was grateful for the results of this meeting.
The Chancellor expresses the hope to continue the dialogue. His hope was that one could tie this in with the previous bilateral relationship when the smoke of the battle clears.
President Rafsanjani attaches great importance to the development of bilateral relations with Germany.
The Chancellor continues saying that he believed there were chances. He was interested in the President’s assessment of Iraq’s domestic developments.
President Rafsanjani identifies great problems. These pertained to Iraq and its domestic conditions on the one hand, and the entire security situation in the Persian Gulf and its neighborhood on the other. The situation in Iraq was very bad. He was concerned about the country’s domestic conditions. One had to expect worse things to come, perhaps even the start of a civil war. Many Iraqis were escaping, coming to Iran. They reported about the entire loss of control on the country. This problem had to be fixed soon.
This kind of restlessness extends to the entire region. There was nobody in Iraq with whom he could lead talks as a partner, though a delegation under the leadership of Vice President Hamadi was currently in Tehran for talks. His hope was that this visit would bring more clarity, albeit that there was no clarity so far.
The Chancellor inquires for the President’s view with regards to a restructuring.
President Rafsanjani argues that the future was dark as Iran did not know about the aims of the coalition. His was interested to hear about the coalition’s plans from the Chancellor.
The Chancellor says his belief was that there was no final definition of its aims yet. He was certain that all UN resolutions ought to be enforced. It was necessary to think about the right steps one could take in order to establish a security system for all the countries of the region. Without security, there could be no economic upturn, and without economic development there could be no reduction of social tensions. He thought Iran’s role was very important in this regard.
A particular problem pertained to Israel and the Palestinian question. These problems must not disappear from the agenda. There would be no peace without its resolution. It was important to restore Iraq’s full territorial integrity. This was not a war against the Iraqi people. It was important for him to emphasize that this war was not directed against Islam.
The President knew about Germany’s old, traditional relations with the Arab region and Islam. With regards to Iraq, one had to distinguish between the regime and the country and its populace. He thought it was important to have ideas for a solution coming from the region itself. One had to avoid the impression of tutelage from other. We Germans were ready to contribute our experience. The Chancellor pointed to economic cooperation within the European Community and our experience in terms of disarmament and arms control. It was important to establish a security system for the region, bringing peaceful coexistence without threats while facilitating the preconditions for economic progress.
President Rafsanjani says he accepted the Chancellor’s ideas. His expectation was that a group of European countries would help in the search for solutions.
The Chancellor inquires about the President’s ideas with regards to the role of the United States and the Soviet Union in the process.
President Rafsanjani says one was deeply worried about the Iraq’s territorial integrity. The best thing for the Soviets and the Americans was to leave the country. It was better for these countries not to interfere and to let the peoples of the region determine their own fate.
The Chancellor interjects that both the Americans as well as the Soviet Union were involved through the United Nations.
President Rafsanjani continues saying that the implementation of the UN resolutions and the participation of the Soviet Union and the United States was one thing. But the populace had to determine its fate on its own.
The Chancellor notes that this would be the case at the end of the day. He raises the question about Iran’s opportunity to influence the process.
President Rafsanjani again points to the fact that Iraq’s delegation was currently in Tehran. One had to await the results of these talks.
The Chancellor thanks the President and notes he would be glad if they could call each other again in 8 to 10 days.
President Rafsanjani finally mentions that there had also been a meeting in Damascus. He was glad to continue the dialogue with the Chancellor and to call him at his convenience.
The Chancellor points out it was good to call each other every once in a while. There was a German proverb saying it was better to call each other than to talk about each other.
President Rafsanjaniconfirms that there was a similar proverb in his country. There was agreement to continue the conversation in a couple of days.
[handwritten signature]
(Neuer)
[1] BArch, B 136/59744, 132-135.
Kohl and Rafsandjani talk about plans for the emergence of a new security system in the Middle East after the end of the Gulf War. They emphasize the importance of maintaining Iraq's territorial integrity.
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