September 12, 1996
The Chancellor's [Helmut Kohl's] Telephone Conversation with Polish President Kwasniewski on Thursday, 12 September 1996, 9.30 hours
Neuer Bonn, den 12. September 1996
V e r m e r k
Betr.: Telefongespräch des Herrn Bundeskanzler mit dem polnischen Präsidenten Kwasniewski am Donnerstag, 12. September 1996, 9.30 Uhr[1]
Nach der Begrüßung bemerkte Präsident Kwasniewski das "Weimarer Dreieck" sei jetzt vollständig, denn er habe Präsident Chirac zu Gast und den Herrn Bundeskanzler am Telefon.
Der Bundeskanzler bat Präsident Kwasniewski, an Präsident Chirac einen herzlichen Gruß zu bestellen.
Präsident Kwasniewski fuhr fort, der Bundeskanzler habe kürzlich Gespräche in Kiew und Moskau geführt und gab seinem Interesse Ausdruck, etwas zur Frage der NATO- und der EU-Erweiterung zu erfahren.
Der Bundeskanzler führte aus, er werde gerne über seine Gespräche mit Präsident Jelzin berichten. über die EU-Beitrittsfrage sei nicht gesprochen worden. Dieses Thema sei für Moskau nicht vordringlich. Er habe sich mit Präsident Jelzin 4 Stunden lang intensiv unterhalten. Der Präsident sei geistig völlig präsent gewesen. Natürlich sehe er mit Sorge seiner Operation entgegen. Es würden ihm je zwei Bypässe gelegt. Diese Operation sei heute nicht besonders schwierig. Ein Problem könne nur die allgemeine Konstitution sein. Wir könnten alle nur wünschen, daß Präsident Jelzin die Operation gut durchstehe und Ende November wieder sein Amt ausüben könne. Er habe sehr offen mit Präsident Jelzin gesprochen und ihm gesagt, daß es der gemeinsame Wille Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, der USA und anderer sei, die Frage der NATO-Erweiterung nicht auf die lange Bank zu schieben. Er habe ferner betont, daß es in dieser Frage für niemanden ein Vetorecht gebe, auch nicht für Rußland. Präsident Jelzin habe dies nicht gerne gehört; es sei dies jedoch unsere Meinung. Auf einen kurzen Nenner gebracht solle man so verfahren, daß während der Krankheit Jelzins nichts unternommen werden solle. Dies habe auch den Vorteil, das Thema aus dem US-Wahlkampf herauszuhalten. Innerhalb der NATO wolle man jetzt beginnen, die notwendigen Reformen auf den Weg zu bringen und zu Anfang des Jahres
unverzüglich Verhandlungen über die Erweiterung mit den Staaten, die beitreten wollten, wie z.B. Polen, beginnen. Parallel müsse mit Rußland gesprochen werden mit dem Ziel, das russische Sicherheitsbedürfnis zu befriedigen. Gleiches gelte für Präsident Kutschma, der interessiert daran sei, eingebunden zu sein. Im Frühsommer, vielleicht im Juni, könne eine Konferenz der NATO auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs stattfinden. 1997 müsse das Ganze abgeschlossen werden. Präsident Jelzin habe diesen Zeitplan ausdrücklich akzeptiert. Über die Inhalte müsse man allerdings noch verhandeln. Hierüber sei nicht gesprochen worden. Aus der Sicht des Bundeskanzlers sei dies eine befriedigende Zeitplanung. Er halte es für wichtig, daß unsere polnischen Freunde bald Klarheit haben.
Präsident Kwasniewski bedankte sich.
Der Bundeskanzler fragte, ob diese Vorschläge für Polen akzeptabel seien.
Präsident Kwasniewski erwiderte, wenn im Juni/Juli 1997 die Entscheidung falle, sei er voll damit einverstanden. Er halte diesen Zeitplan auch für realistisch.
Der Bundeskanzler unterstrich nochmals, daß es wichtig sei, während der Krankheit Jelzins stille zu halten.
Präsident Kwasniewski äußerte, er verstehe dies sehr gut und wisse, daß man so Vertrauen aufbaue. Der Bundeskanzler habe davon gesprochen, daß Jelzin etliche Wochen ausfalle. Er, Kwasniewski, halte diese Aussage für optimistisch. Er hoffe jedoch, daß es so sein werde.
Der Bundeskanzler bemerkte, falls Präsident Jelzin ausfalle, wäre dies eine katastrophale Entwicklung. Man müsse dann von neuem miteinander sprechen.
Präsident Kwasniewski fuhr fort, der Optimismus des Bundeskanzlers habe sich oft bestätigt; deshalb habe er auch diesmal Hoffnung. Wichtig sei es aus polnischer Sicht, in diesen Prozeß die Ukraine eng einzubinden. Der Bundeskanzler stimmte nachdrücklich zu. Die Ukraine sei ganz wesentlich für die Statik Europas.
Präsident Kwasniewski kam auf das Treffen der NATO-Verteidigungsminister im November in Norwegen zu sprechen und bemerkte, wie er gehört habe, nehme auch Rußland hieran teil. Er stellte die Frage, ob auch die beitrittswilligen Länder eingeladen seien. Er sei dafür, daß Rußland an der Diskussion teilnehme, halte es aber aus Gründen des Gleichgewichts für wichtig, daß auch die Beitrittsländer eingeladen würden.
Der Bundeskanzler sicherte zu, sich darum zu kümmern.
Präsident Kwasniewski ergänzte, der Einladungswunsch beziehe sich nur auf eine Beobachterrolle. Er stellte die Frage, ob man nicht die Begegnungen des "Weimarer Dreiecks" intensivieren könne.
Der Bundeskanzler erklärte sein Einverständnis. Die Mitarbeiter sollten ihre Gedanken hierzu austauschen.
Präsident Kwasniewski schlug vor, in den ersten Monaten des kommenden Jahres eine Begegnung zwischen Präsident Chirac, dem Bundeskanzler und ihm selbst in Polen zu vereinbaren.
Der Bundeskanzler stimmte zu. Die Mitarbeiter sollten über einen Termin sprechen.
Präsident Kwasniewski fragte, ob der Bundeskanzler damit einverstanden sei, wenn er über das Ergebnis dieses Telefongesprächs mit Präsident Chirac rede und ob der Termin für das trilaterale Treffen im ersten Halbjahr 1997 in Ordnung sei.
Der Bundeskanzler war einverstanden.
Präsident Kwasniewski kam noch auf das Fußballspiel Polen/Deutschland in Zabrze vor 1 Woche zu sprechen, wo es leider unangenehme Auseinandersetzungen gegeben habe. Gestern habe Borussia Dortmund gegen Lodz in Dortmund gespielt. Es sei dort von den Fußballfans ein Transparent hochgehalten worden, in dem sie für die Ereignisse in Zabrze um Verzeihung baten. Er finde diese Geste großartig. So etwas habe er auch in seiner Zeit als Sportminister nie gesehen. Er wolle für diese Geste danken.
Der Bundeskanzler brachte seine Genugtuung über diese Entschuldigung zum Ausdruck. Es sei eine Schande für Deutschland gewesen, was bei dem Spiel in Lodz vorgefallen sei.
Abschließend bemerkte der Bundeskanzler, daß man vorgehen wolle, wie es besprochen worden sei. Er halte dies für sehr wichtig.
Das Gespräch endete nach 20 Minuten.
(Neuer)
[1] BArch, B 136/59748, 297-301.
Neuer Bonn, 12 September 1996
M e m o r a n d u m
Subject: Chancellor's Telephone Conversation with Polish President Kwasniewski on Thursday, 12 September 1996, 9.30 hours[1]
After greetings, President Kwasniewski remarked that the "Weimar Triangle" was now complete, because he had President Chirac as a guest and the Federal Chancellor on the phone.
The Chancellor asked President Kwasniewski to send a warm greeting to President Chirac.
President Kwasniewski went on to say that the Chancellor had recently held talks in Kiev and Moscow and expressed his interest in hearing about the question of NATO and EU enlargement.
The Chancellor said he would be happy to report on his talks with President Yeltsin. The question of EU membership had not been discussed. This topic was not a priority for Moscow. He had talked intensively with President Yeltsin for 4 hours. Mentally, Yeltsin had been completely present. Of course, he looked forward to his surgery with concern. He would be placed two bypasses each. This kind of surgery was not particularly difficult today. Only the general constitution could be a problem. We could all only wish that President Yeltsin got through the surgery well and could take office again at the end of November. He spoke very openly with President Yeltsin and told him that it was the common will of Germany, France, Great Britain, the USA and others not to put the question of NATO expansion on the back burner. He also stressed that no one had a right of veto on this issue, not even Russia. President Yeltsin did not like to hear this, but that was our opinion. In a nutshell, one should proceed in such a way that nothing should be done during Yeltsin's illness. This also had the advantage of keeping the issue out of the U.S. election campaign. Within NATO one wanted to start now to bring the necessary reforms on the way. At the beginning of the year, one wanted to start negotiations with the states which wanted to join such as Poland, for instance.
At the same time, talks should be held with Russia with the aim of satisfying Russian security needs. The same applied to President Kuchma, who was interested in being involved. In early summer, perhaps in June, a NATO conference could take place at the level of heads of state and government. In 1997 the whole thing had to be completed. President Yeltsin had accepted this schedule. However, the substance still had to be negotiated. This had not been not discussed. From the Chancellor's point of view, this was a satisfactory schedule. He thought it was important that our Polish friends had clarity as soon as possible.
President Kwasniewski thanked the Chancellor.
The Chancellor asked whether these proposals were acceptable to Poland.
President Kwasniewski replied that if the decision was made in June / July 1997, he would fully agree with it. He also thought this schedule was realistic.
The Chancellor reiterated the importance of keeping quiet during Yeltsin's illness.
President Kwasniewski said he understood this very well and knew that it was the way to build trust.
The Chancellor said that Yeltsin would be absent for several weeks. He, Kwasniewski, considers this statement to be optimistic. He hoped, however, that it would be so.
The Chancellor noted that if President Yeltsin were to fail, it would be a disastrous development. One had to restart talks again.
President Kwasniewski went on to say that the Chancellor's optimism had often been confirmed; therefore he had hope this time too. From the Polish point of view, it was important to closely involve Ukraine in this process.
The Chancellor emphatically agreed. Ukraine was essential for the statics of Europe.
President Kwasniewski referred to the meeting of NATO defense ministers in Norway in November and noted that he had heard that Russia was also participating. He asked whether the applicant countries had also been invited. He said he was in favor of Russia taking part in the discussion, but for reasons of balance it was important that the candidate countries should also be invited.
The Chancellor promised to take care of it.
President Kwasniewski added that the invitation only referred to an observer role. He asked whether the encounters of the "Weimar Triangle" could not be intensified.
The Chancellor agreed. The staffer should share their thoughts on this.
President Kwasniewski proposed that President Chirac, the Chancellor and he himself would meet in Poland in the first few months of the coming year.
The Chancellor agreed. The staffers should talk about an appointment.
President Kwasniewski asked if the Chancellor would be happy to talk to President Chirac about the outcome of this telephone conversation and whether the date for the trilateral meeting in the first half of 1997 was all right.
The Chancellor agreed.
President Kwasniewski mentioned the soccer match between Poland and Germany in Zabrze 1 week ago, where unfortunately there were unpleasant arguments. Yesterday Borussia Dortmund played against Lodz in Dortmund. A banner had been held up there by the football fans asking for their forgiveness for the events in Zabrze. He thinks this gesture was great. He had never seen anything like it during his time as Minister of Sports. He wanted to thank for this gesture.
The Chancellor expressed satisfaction at this apology. It was a shame for Germany what happened at the game in Lodz.
In conclusion, the Chancellor remarked that they wanted to proceed as discussed. He thinks this was very important.
The conversation ended after 20 minutes.
(Neuer)
[1] BArch, B 136/59748, 297-301.
Kohl and Kwasniewski exchange thoughts on the state of Yeltsin's health. They agree that NATO must not pursue further steps in the enlargement process during the period of Yeltsin's illness after his coronary bypass surgery. Finally, Kohl and Kwasniewski look into the timetable for NATO enlargement and the decision about its new members at the July 1997 NATO summit in Madrid.
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