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September 10, 1991

The Chancellor's [Helmut Kohl's] Conversation with the President of the EC Commission, Jacques Delors, on Monday, 9 September 1991, 16:40 until 16:55 hours

Referatsleiter 211                                                                                            Bonn, den 10. September 1991

VLR I Bitterlich

V e r m e r k

Betr.: Telefongespräch des Herrn Bundeskanzlers mit dem Präsidenten der EG-Kommission, Jacques Delors, am Montag, 9. September 1991, 16.40 bis 16.55 Uhr[1]

Der Bundeskanzler betont eingangs, daß er möglichst bald mit dem Präsidenten zusammentreffen wolle, um insbesondere über drei Themen zu sprechen:

- Die beiden Regierungskonferenzen, in denen ein Durchbruch im Herbst wichtig sei. Bei dieser Gelegenheit werde er den Präsidenten auch über die Fortschritte in seinen Gesprächen mit Präsident Mitterrand zur Ausfüllung der Sicherheitsdimension unterrichten. Er selbst werde versuchen, die Amerikaner hierauf einzustimmen.

- Jugoslawien - er mache sich große Sorgen um das Ansehen der EG angesichts der bisherigen Entwicklung in dieser Angelegenheit. Er hoffe sehr, da Carrington weiterkomme. Er stehe unter Druck von Seiten der Öffentlichkeit sowie von allen Parteien. Dies vor allem angesichts der täglichen Schreckensberichte im Fernsehen. Er wolle eine einvernehmliche Lösung und einen Alleingang vermeiden.

- Die Lage in der Sowjetunion und das Verhältnis (Assoziierungsverträge) zu insbesondere Polen, der CSFR und Ungarn.

Der Präsident stimmt den Ausführungen des Bundeskanzlers zu und verweist darauf, daß er die Finanzminister gebeten habe, einen Teil ihres nächsten Treffens zur Vorbereitung des evtl. Sonder-ER zu widmen, um die Hilfe für die Sowjetunion, den Stand und die weiteren Perspektiven, im einzelnen zu prüfen. Die Kommission arbeite sehr intensiv an dieser Fragestellung.

Der Bundeskanzler wirft ein, daß am Wochenende die stellv. Finanzminister der G 7 in Dresden über die Sowjetunion-Hilfe sprechen würden.

Der Präsident entgegnet, leider lehnten es die G 7 ab, die Kommission hinzuzunehmen, obwohl die Kommission als erste sich überhaupt um die Sowjetunion gekümmert habe und heute über die notwendige Expertise verfüge. Es sei paradox, daß die Kommission bei dem Gipfel der G 7 dabei sei, bei den Finanzministern aber nicht. Die Kommission wolle bei den Finanzministern nur dabei sein, wenn es um Themen von gemeinsamem Interesse gehe.

Der Bundeskanzler verweist darauf, daß er dies zum ersten Male höre. Er werde seine Mitarbeiter anweisen, dem nachzugehen. Aus seiner Sicht wäre es nur vernünftig, wenn die EG-Kommission dabei sei.

(Herr Ludewig hat im Anschluß an das Gespräch entsprechend Kontakt mit BMF aufgenommen).

Der Präsident bedankt sich und verweist darauf, daß dies die Kommission nicht daran hindere, weiter an dem Fall Sowjetunion zu arbeiten. Dies gelte sowohl für die Vorbereitung eines Handels- und Kooperationsabkommens als auch für die Hilfe. Deswegen sei Kommissar Andriessen heute in Moskau. Er bitte den Bundeskanzler auch mit den Amerikanern hierüber zu sprechen.

Der Bundeskanzler sagt dies zu.

Der Präsident erläutert zu Jugoslawien, daß er die Besorgnisse des Bundeskanzlers verstehe. Er kenne die Stimmung in der deutschen Bevölkerung. Zur Zeit verfüge die EG nur über eine Waffe, um die Konfliktparteien zur Vernunft zu bringen. Dies sei die Drohung der Anerkennung Sloweniens und Kroatiens. In einigen Wochen käme eine weitere Waffe hinzu: Die wirtschaftliche Waffe, da die Produktion in Jugoslawien zusammenbreche, der Handel funktioniere nicht mehr. Schwierigkeiten, insbesondere in der Versorgung, seien für alle Gebiete absehbar, auch für Serbien. Man befinde sich zur Zeit in einem dramatischen Wettlauf gegen die Zeit und die Toten.

In Bezug auf die beiden Regierungskonferenzen gehe er davon aus, daß man Mitte Oktober die Perspektiven klarer sehen werde.

Der Bundeskanzler und der Präsident vereinbaren, daß der Präsident am Freitag, dem 11. Oktober, morgens, nach Bonn kommt, um ein informelles Gespräch (vormittags, 10.00 bis 12.00 Uhr) im kleinen Kreis zu führen.

Der Bundeskanzler fragt nach dem von der niederländischen Präsidentschaft beabsichtigten Sonder-ER.

Der Präsident erläutert den letzten Stand nach seiner Kenntnis. Danach wolle die Niederlande den Gipfel evtl. am 30. September, nachmittags, durchführen. Dies habe ihm Ministerpräsident Lubbers am letzten Freitag erläutert. Lubbers wolle für den Abend Gorbatschow und Jelzin einladen, Die beiden würden am nächsten Tag in Den Haag bleiben, um mit Lubbers und ihm praktische Einzelheiten weiter zu besprechen.

Entscheidend sei für ihn, daß der Unionsvertrag halte. Er fragt den Bundeskanzler nach seiner Einschätzung.

Der Bundeskanzler erläutert, daß er gerade mit Präsident Gorbatschow telefonisch gesprochen habe und er für Mittwoch Mittag Herrn Jakowlew als Emmissär von Gorbatschow erwarte. Einer seiner Mitarbeiter, die dem Präsidenten bekannt seien, würde den Präsidenten dann am Mittwoch nachmittag im einzelnen unterrichten.

(Kabinettchef Lamy sagte mir anschließend zu, die Telefonnummer des Präsidenten in Paris (wo er ab Mittwoch nachmittag, 16.00 Uhr, erreichbar sei) rechtzeitig durchzugeben.)

Der Präsident betont, daß es erste Priorität der EG sein müsse, ab Oktober Nahrungsmittelhilfe und Medikamente in die Sowjetunion zu schicken, um sozialer Unzufriedenheit vorzubeugen. Er sei zur Zeit etwas beunruhigt, ob dies wirklich gelingen könne, dies schon ab Oktober auf den Weg zu bringen.

Der Bundeskanzler sichert dem Präsidenten hierfür seine Unterstützung zu.

(Bitterlich)

 

[1] BArch, B 136/59746, 146-148.

Head of Division 211                                                                                                        Bonn, 10 September 1991

VLR I Bitterlich, 2212

 

M e m o r a n d u m

 

Subject: The Chancellor's Conversation with the President of the EC Commission, Jacques Delors, on Monday, 9 September 1991, 16:40 until 16:55 hours[1]

 

The Chancellor begins by emphasizing that he wanted to see the President as soon as possible to discuss three issue areas, in particular:

- The two intra-governmental conferences, which had to produce a breakthrough in autumn. On this occasion, he would inform the President, in detail, about the progress made in his talks with President Mitterrand pertaining to the completion of the security dimension. He himself would be trying to bring the Americans in tune, here.

- Yugoslavia – he was very worried about the EC’s reputation against the backdrop of the developments thus far. His hope was that Carrington could make progress. He was under pressure both from public and from all parties, particularly with regards to the daily horror reports on TV. He wanted to have a consensual solution and avoid a solo effort.

- The situation in the Soviet Union and the relationship (association treaties) to Poland, the CSFR, and Hungary, in particular.

The President agrees with the Chancellor’s remarks, pointing out that he had asked the finance ministers to devote part of their next meeting to the preparation of a potential special inter-governmental conference on the coordination of assistance for the Soviet Union and the state of its perspectives. The Commission was working intensely on this question.

The Chancellor interjects that the deputy G-7 finance minister would discuss aid for the Soviet Union during the meeting in Dresden over the weekend.

The President says that it was a pity that the G7 rejected the idea of adding the Commission, although the Commission had the financial expertise and had been the first institution to look after the Soviet Union. It was paradoxical for the Commission to participate at the G7 summits but not in the meetings of the finance ministers. The Commission only wanted to join in on the meeting of finance ministers if they dealt with issue of common interest.

The Chancellor points out that he was hearing this for this first time. He would ask his staff to look into this. From his vantage point, it made perfect sense to include the EC Commission.

(Following the conversation, Mr. Ludewig got in touch with the Ministry of Finance on this question).

The President thanks the Chancellor, saying that this did not prevent the Commission from continuing its work on the Soviet Union – both in terms of assistance and with regards to preparations for the conclusion of a trade and cooperation agreement. This was the reason for Commissioner Andriessen’s visit in Moscow today. He asked the Chancellor to discuss this with the Americans, as well.

The Chancellor pledges to do this.

The President says that he understood the Chancellor’s worries regarding Yugoslavia. He knew the mood amongst Germany’s population. Currently, the EC had just one weapon to bring the conflict parties to their senses. This was the threat of the recognition of Slovenia and Croatia. In some weeks, we would have an additional weapon: The economic weapon, as Yugoslavia’s production crashed, and trade no longer functioned. It was predictable that all countries would face supply difficulties with all kinds of goods, Serbia included. One was in a dramatic race against time and the number of fatalities.

With regards to the two inter-governmental conferences, his estimate was that one would have a more precise perspective by mid-October.

The Chancellor and the President agree that the President would come to Bonn on the morning of Friday, October 11 for an informal conversation in a small group (10.00 until 12.00 hours).

The Chancellor queries about the idea of a special inter-governmental summit that was forwarded by the Dutch presidency.

The President explains the state of play, based on his knowledge. The Netherlands planned to lead the summit during the afternoon of September 30. Prime Minister Lubbers had informed him last Friday. Lubbers’ idea was to invite Gorbachev and Yeltsin for the evening. Both would stay in The Hauge the following day and discuss details with Lubbers.

 From his perspective, the decisive factor was that the union treaty holds. He asks the Chancellor about his estimate.

The Chancellor says that he had just had a phone conversation with President Gorbachev. He would expect Mr. Yakovlev as Gorbachev’s emissary on Wednesday at noon. One of his staffers would brief the President in detail on Wednesday afternoon.

(Afterwards, Cabinet Chief Lamy pledges to share with me the President’s phone number, where he can be contacted on Wednesday afternoon after 16.00 hours)

The President reiterates that the EC’s first priority, starting in October, should be food aid and sending medicine to prevent social unrest. Currently, he was concerned whether this would be possible at all, and whether we would manage to launch this as early as October.

The Chancellor pledges his support.

(Bitterlich)

 

[1] BArch, B 136/59746, 146-148.

Kohl and Delors examine the role of the European Community in the stabilization of the Soviet Union's economy including financial aid.


Document Information

Source

BArch, B 136/59746, 146-148. Contributed, transcribed, and translated by Stephan Kieninger.

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Original Uploaded Date

2023-05-09

Type

Memorandum of Conversation

Language

Record ID

300141