Skip to content

February 20, 1993

The Chancellor's [Helmut Kohl's] Meeting with Indian Prime Minister Rao on Thursday, 18 February 1993

AL 2                                                                                                                                       New Delhi, 20. Februar 1993

V e r m e r k

Betr. Gespräch des Herrn Bundeskanzlers mit dem indischen Ministerpräsidenten Rao am Donnerstag, 18.Februar 1993[1]

Der Bundeskanzler erklärt, es sei ihm wichtig, in den Beziehungen zu Indien einen neuen Anlauf zu nehmen. Deutschland habe eine starke Rolle in Europa. Zwar hätten Frankreich und Großbritannien als Nuklearmächte einen Sonderstatus. Dies sei aber eher eine Last. Seine Politik in Europa sei von dem Bestreben bestimmt, Motor der Entwicklung zu sein, aber sich dabei nicht aus dem Fenster zu lehnen.

Für Deutschland gehe es nach der Herstellung der deutschen Einheit darum, die alten Beziehungen zu reaktivieren. Das gelte insbesondere auch in Bezug auf Indien. Er habe nicht ohne Grund die indologische Tradition in Deutschland angesprochen. Natürlich seien auch die Wirtschaftsbeziehungen wichtig. Die von MP Rao eingeleitete Liberalisierungspolitik sei ein guter Ansatz, der es erlaube, die Dinge auf den Weg zu bringen.

Er schlage vor, die anstehenden Fragen in diesem Bereich in einer Agenda zusammenzufassen, an der man dann zielstrebig arbeiten solle. Wenn MP Rao im nächsten Jahr nach Deutschland komme, könne man Bilanz ziehen.

MP Rao erwidert, er sei mit diesem methodischen Ansatz voll einverstanden. Seine eigene Philosophie und die seiner Partei ziele darauf, vor allem die Probleme der Ärmsten der Armen in Indien anzugehen. Hierfür sei jetzt wichtig, die Auslandsinvestitionen zu steigern und damit gleichzeitig der Industrialisierung einen neuen Anstoß zu geben.

Der Bundeskanzler erklärt, in dem Arbeitsprogramm sollte auch berücksichtigt werden, daß aus Sicht der deutschen Unternehmen der

Investitionstätigkeit in Indien nach wie vor Hindernisse im Wege stünden.

MP Rao erklärt, seine Regierung lege jetzt den Schwerpunkt auf Infrastrukturvorhaben, insbesondere im Energie-, Verkehrs- und Telekommunikationsbereich.

Der Bundeskanzler weist darauf hin, daß ein Vorstandsmitglied der Siemens AG in seiner Delegation sei. Er empfehle den direkten Kontakt mit ihm.

MP Rao erklärt, Indien brauche, um voranzukommen, neueste Technologie. Zwar sei auf diesem Gebiet die Zusammenarbeit mit Deutschland gut, aber es gebe Probleme mit dem sogenannten "dual use" Gütern. Indien habe Schwierigkeiten, die deutsche Haltung in dieser Frage zu verstehen. Er würde es begrüßen, wenn der Bundeskanzler in dieser Frage ein konkretes Signal geben würde.

Der Bundeskanzler erwidert, zunächst habe man es mit einem allgemeinen Problem zu tun. Er wolle nicht, daß Deutschland der Waffenexporteur Nummer Eins in der Welt werde, denn dies hätte verheerende Folgen. Andere - die USA, GB und F - hätten hier einen anderen Spielraum. Deshalb bitte er um Verständnis dafür, daß wir bei Waffenexporten unsere restriktive Haltung beibehalten müßten.

Eine andere Frage sei die der "dual use" Güter. Er werde sich nach Rückkehr persönlich mit dieser Frage befassen und prüfen lassen, ob und wie man es spezifisch lösen könne. Dabei müsse man einen Präzedenzfall vermeiden. Er betone noch einmal, daß wir den deutsch-indischen Beziehungen eine besondere Qualität geben wollten.

MP Rao erklärt, Indien fühle sich dadurch verletzt, daß es beispielsweise gleichbehandelt werde wie Libyen.

Der Bundeskanzler wiederholt, daß er sich der Sache annehmen werde, weist aber gleichzeitig darauf hin, daß die psychologischen Fragen in diesem Fall bei uns besonders schwierig seien.

MP Rao erklärt, er verstehe dies. Es gehe aber bei der Frage, ob ein Forschungsvorhaben einem bestimmten Zweck diene oder ob sich hieraus ein "dual use" ergebe, um die Interpretation. Im Falle von Indien könne die deutsche Seite davon ausgehen, daß es sich um friedliche Zwecke handele. Er sei daher dankbar, wenn sich der Bundeskanzler persönlich der Sache annehme.

Der Bundeskanzler schlägt vor, daß ihm MP Rao bis zu seiner Abreise eine persönliche Notiz zu diesem Thema übergibt. Er werde sich dann, wie gesagt, persönlich um die Sache kümmern.

MP Rao wiederholt, Indien sei stets für den Frieden eingetreten. Es gehe ausschließlich um Vorhaben im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklung.

Der Bundeskanzler wiederholt, es sei wichtig, daß sich MP Rao auch persönlich der Frage der Investitionshemmnisse annehme. Er empfehle, dies auch in dem Gespräch mit den Vertretern der Wirtschaft zum Ausdruck zu bringen.

MP Rao erinnert daran, daß er bei seinem letzten Besuch in Bonn die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Israel angesprochen habe. Er wolle den Bundeskanzler wissen lassen, daß dieser Schritt inzwischen vollzogen sei.

Der Bundeskanzler begrüßt dies und fügt hinzu, Israel spiele in der internationalen Öffentlichkeit eine wichtige Rolle.

MP Rao stellt die Frage, wie der Bundeskanzler die neue amerikanische Administration beurteile.

Der Bundeskanzler erwidert, man müsse davon ausgehen, daß Präsident Clinton sich im ersten Jahr stark auf die innenpolitischen Probleme konzentrieren werde, was er verstehe. Clinton sehe sich ungeheuren Problemen gegenüber besonders in den Bereichen Haushalt, Gesundheitswesen, Infrastruktur und Sozialwesen. Er wisse allerdings nicht, wie sich die jüngste

Steuererhöhung auf die amerikanische Konjunktur auswirken werde. Er habe im übrigen ähnliche Probleme zu Hause.

Was die Außenpolitik angehe, so glaube er nicht, daß Clinton sich von Bush unterscheiden werde. Die USA hätten andererseits ähnliche Schwierigkeiten wie Deutschland, und vor allem müsse man sehen, daß es ein großer psychologische Fehler wäre, wenn man Rußland jetzt falsch behandele.

Die Russen seien ein stolzes und großes Volk, das man nicht demütigen dürfe. Unser Interesse müsse sein, daß Jelzin Erfolg habe. In diesem Punkt täten sich die USA schwer, wie sie sich im übrigen auch mit dem europäischen Einigungsprozeß schwertäten.

Dann gebe es noch das Problem Japan. Die Japaner träten zwar nach außen für einen offenen Welthandel ein. Unter dem Tisch lägen aber die Dinge anders. Er glaube, daß das Verhältnis USA/Japan unter Clinton komplizierter werde. Andererseits sei er überzeugt, daß die Demokraten gegenüber Indien offener seien; unter anderem auch deswegen, weil die Beziehungen zwischen Indien und Rußland anders seien als die früheren Beziehungen zwischen Indien und der Sowjetunion.

Er wisse nicht, welche Position die USA gegenüber China einnehmen werden. Seine Vermutung sei, daß Clinton gegenüber China kritischer sein werde als Bush, vor allem wegen der Menschenrechtsfrage. Auch wir fragten uns, wie es in China weitergehen werde, wenn zwar die wirtschaftliche Liberalisierung vorangetrieben werde, nicht aber die politische.

MP Rao wirft ein, politisch sehe er sogar eine noch schwierigere Entwicklung voraus.

Auf die Frage des Bundeskanzlers, wer nach Deng Xiaoping komme, erwidert MP Rao, das wisse er auch nicht. Er frage sich allerdings, ob der Widerspruch zwischen wirtschaftlicher Liberalisierung und autoritärem politischen System von langer Dauer sein könne. Die wirtschaftliche Liberalisierung könne irreversible Folgen haben. Dies werde auch Auswirkungen auf die

Demokratisierung haben. In jedem Fall sehe er eine schwierige Phase für China voraus, wobei entscheidend sei, wie lange Den Xiaoping noch da sei.

Auf die Frage des Bundeskanzlers nach den indisch-chinesischen Beziehungen, erklärt MP Rao, wenngleich das Grenzproblem noch andauere, sei in anderen Bereichen, vor allem in der Wirtschaft, die Zusammenarbeit positiv.

Auf die Frage des Bundeskanzlers nach den Beziehungen zwischen China und Pakistan erklärt MP Rao, die Beziehungen seien gut.

Allerdings habe sich die chinesische Haltung in der Frage des indisch-pakistanischen Verhältnisses geändert. Früher sei die chinesische Politik einseitig pro-pakistanisch gewesen.

Auf die Frage des Bundeskanzlers nach den Beziehungen zwischen Pakistan und Indien erklärt MP Rao, dies sei eine lange Geschichte. Das eigentliche Problem, mit dem man es jetzt zu tun habe, sei der Terrorismus in Indien, der von der anderen Seite ermutigt werde. Hinzu kämen die Probleme in Kashmir und Punjab.

Auf die Frage des Bundeskanzlers, was die pakistanische Seite zu dem Vorwurf sage, sie unterstütze den Terrorismus, erklärt MP Rao, Pakistan leugne schlicht und einfach jede Verantwortung, obwohl Indien eindeutige Beweise habe.

Auf die zusätzliche Frage des Bundeskanzlers, welchen Vorteil Pakistan hieraus ziehe, erklärt MP Rao, es gehe der pakistanischen Seite ausschließlich darum, von den eigenen innenpolitischen Schwierigkeiten abzulenken. Dies sei stets das Leitmotiv der pakistanischen Politik gegenüber Indien gewesen.

(Dr. Hartmann)

 

 

[1] BArch, B 136/59731, 120-124.

Head of Department 2                                                                                                   New Delhi, 20 February 1993

M e m o r a n d u m

Subject: The Chancellor's Meeting with Indian Prime Minister Rao on Thursday, 18 February 1993[1]

The Chancellor says that it was important for him to take a new approach in relations with India. Germany had a strong role in Europe, although France and Great Britain had a special status as nuclear powers. This was, however, more so a burden. His policy in Europe was determined by the objective to be the engine of the development without sticking his neck out.

The aim for Germany after unification was to reactivate old ties. This pertained especially to India. He had mentioned the Indological tradition in Germany for a reason. Economic ties were certainly important. The liberalization policy that PM Rao had initiated was a good way to bring things back on track.

His suggestion was to summarize the relevant questions in this field in an agenda that should be implemented with determination. They could take stock when PM Rao would visit Germany next year.

PM Rao replies that he fully agreed with this methodological approach. His own philosophy and the goal of his party was to tackle the problems of the poor in India. In this regard, it was important to increase foreign investment to give industrialization a new impetus.

The Chancellor says that the work program should also consider that from the perspective of German industry, certain obstacles still hindered the increase of foreign investment in India.

PM Rao says that his government emphasizes infrastructure measures, especially in the fields of energy, traffic, and telecommunications.

The Chancellor points out that a board member of Siemens AG was on his delegation. His advice was to seek direct contact with him.

PM Rao says that India needed state-of-the-art technology to make progress. Although cooperation with Germany in this field was good, there were problems with the so-called "dual use" goods. India had difficulties understanding Germany’s position in this regard. He would appreciate it if the Chancellor could provide a concrete signal.

The Chancellor inserts that one was first faced with a general problem. He did not want Germany to become the number one armaments exporter in the world. This would have devastating effects. Others – the USA, Great Britain, and France – had more maneuvering room. Thus, he asked for understanding: We had to maintain our restrictive approach to armaments exports.

Another question pertained to the so-called "dual use" goods. After his return, he would personally look into this matter and figure out whether we could reach a specific solution. We had to avoid a precedent. He reiterates that we wanted to attach special importance to German-Indian relations.

PM Rao points out that India felt injured as it was placed in the same category as Libya.

The Chancellor repeats that he would take care of the issue. At the same time, he pointed out that these psychological questions were especially difficult to handle.

PM Rao says that he understood this. However, this concerned the question of whether a research endeavor had a specific purpose or whether this could result in a "dual use" case. This was a question of interpretation. In India’s case, the German side could safely assume that this concerned peaceful purposes. Hence, he would be grateful if the Chancellor could look into the issue himself.

The Chancellor suggests that PM Rao hand him a personal note on this issue. As he had already said, he would take care of it personally.

PM Rao repeats that India had always stood up for peace. This was simply about endeavors within the framework of India’s economic development.

The Chancellor repeats that it was important for PM Rao to remove obstacles to investment. His suggestion was to discuss this in his meetings with industry representatives.

PM Rao recalls that he had pointed to the establishment of diplomatic relations with Israel during his last visit to Bonn. He wanted to inform the Chancellor that this step had been taken.

The Chancellor welcomes this and adds that Israel played a key role in the international public.

PM Rao asks about the Chancellor’s estimate of the new American administration.

The Chancellor responds that they had to assume that President Clinton would focus on domestic issues during his first year in office. This was understandable.

Clinton was confronted with tremendous problems with the budget, health, infrastructure, and social services. However, he was not sure about the impact of a tax increase on the economy. Moreover, he had similar problems at home.

In terms of foreign policy, he did not think that Clinton would be much different than Bush. The USA had problems similar to Germany’s. Above all, one had to acknowledge that it would be an enormous psychological mistake to treat Russia incorrectly.

The Russians were a proud and great nation who must not be humiliated. Our interest had to be Yeltsin’s success. The USA found this difficult, and they also had difficulties with the European integration process.

Japan was also a problem. Publicly, the Japanese advocated for free global trade. But things were different below the surface. He thought that the U.S.-Japanese relationship would become more complicated over Clinton’s tenure. On the other hand, he was convinced that the Democrats would be more open toward India; one reason was that relations between India and Russia were different than India’s former ties with the Soviet Union.

He did not know what position the U.S. would take toward China in the future. He surmised that Clinton would take a more critical position toward China than Bush, especially regarding the human rights question. We were also wondering about China’s future, especially if there was progress in terms of economic liberalization, but not politically.

PM Rao inserts that he was anticipating an even more difficult development politically.

Upon the Chancellor’s question about the succession of Deng Xiaoping, PM Rao replies that he did not know. He wondered whether the contradiction between economic liberalization and an authoritarian political system could be maintained over the long term. Economic liberalization could have irreversible effects. This would also have an impact on democratization. In any case, he foresaw a complicated phase for China. How long Deng Xiaoping would remain was decisive.

Upon the Chancellor’s question about relations between India and China, PM Rao says that their economic cooperation was positive, despite the continuation of problems like the borders issue.

Upon the Chancellor’s question about relations between China and Pakistan, PM Rao points out that they were good.

At the same time, there had been a change in China’s position on the conflict between India and Pakistan. Previously, the Chinese position had been one-sided and very pro-Pakistan.

Upon the Chancellor’s question about relations between India and Pakistan, PM Rao responds that this was a long story. Currently, the real problem was terrorism in India from the other side. There were also the problems in Kashmir and Punjab.

Upon the Chancellor’s question about Pakistan’s reactions in response to these allegations, PM Rao says that Pakistan simply denied any responsibility for terrorist activities in India, although the Indian side had clear evidence.

Upon the Chancellor’s additional question about the advantages for Pakistan, PM Rao says that the Pakistani side was solely interested in diverting attention away from its own domestic problems. This had always been the guiding principle of Pakistan’s policy toward India.

(Dr. Hartmann)

 

[1] BArch, B 136/59731, 120-124.

Kohl and Rao discuss the state of German-Indian relations, especially in terms of trade. Rao complains about problems with regards to the import of dual-use goods from Germany. India's feelings were hurt as the country was treaty in the same way as Libya. Kohl makes a case for caution saying that "Germany must not become the global arms exporter number one.“


Document Information

Source

BArch, B 136/59731, 120-124. Contributed, transcribed, and translated by Stephan Kieninger.

Rights

The History and Public Policy Program welcomes reuse of Digital Archive materials for research and educational purposes. Some documents may be subject to copyright, which is retained by the rights holders in accordance with US and international copyright laws. When possible, rights holders have been contacted for permission to reproduce their materials.

To enquire about this document's rights status or request permission for commercial use, please contact the History and Public Policy Program at [email protected].

Original Uploaded Date

2023-09-18

Type

Memorandum of Conversation

Language

Record ID

300197