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January 18, 1991

The Chancellor's [Helmut Kohl's] Meeting with Soviet Ambassador Terechov on 17 January 1991

Abteilungsleiter 2                                                                                                            

Bonn, den 18. Januar 1991

V e r m e r k

über das Gespräch des Herrn Bundeskanzlers mit dem sowjetischen Botschafter Terechow am 17. Januar 1991[1]

 

Botschafter Terechow, der um ein Gespräch mit dem Herrn Bundeskanzler gebeten hatte, erklärt im Auftrag von Präsident Gorbatschow folgendes: Die sowjetische Regierung sei eine Stunde im voraus über die Militäraktion der USA im Persischen Golf unterrichtet worden. Sie habe daraufhin dringend mit der amerikanischen Führung Kontakt aufgenommen und gebeten, diese Aktion für ein bis zwei Tage zu verschieben, um ihr die Möglichkeit zu gewähren, in einem direkten Kontakt zu Saddam Hussein den letzten Versuch zu unternehmen, ihn von der absoluten Notwendigkeit eines Abzugs seiner Truppen aus Kuwait zu überzeugen.

Bedauerlicherweise habe die Militäraktion schon begonnen, als die sowjetische Seite im Kontakt mit Washington war. In diesem Zusammenhang habe Präsident Gorbatschow einen dringenden Appell an Saddam Hussein mit dem Vorschlag gerichtet, auf eine vordringliche und entschlossene Weise den Abzug seiner Truppen zu verkünden. Die sowjetische Seite habe an die Vernunft Saddam Husseins appelliert und ihn aufgerufen, sich nach den Interessen seines Volkes zu richten.

Präsident Gorbatschow sei der Meinung, daß es erforderlich sei, daß auch die Bundesregierung unverzüglich Maßnahmen treffe, um die irakische Führung zu beeinflussen. Selbstverständlich sollten alle an der Lokalisierung des Konflikts interessiert sein, um eine gefährliche Eskalation zu verhindern.

Präsident Gorbatschow sei bereit, einen ständigen Kontakt mit dem Bundeskanzler zu unterhalten im Interesse der gemeinsamen Suche nach einer Lösung.

Der Bundeskanzler erklärt, es sei unser Interesse, daß der Konflikt im Golf so schnell wie möglich beendet und eine Ausweitung vorhindert werde. Nach Beendigung des Konflikts müßten die Probleme der Gesamtregion angegangen werden. Dabei gehe es sowohl um dauerhafte politische Lösungen als auch um wirtschaftliche Lösungen.

Der Bundeskanzler nennt als die wichtigsten Probleme die Palästinenserfrage, die Existenz Israels und den Libanon.

Er bittet Botschafter Terechow, Präsident Gorbatschow für die überbrachte Botschaft zu danken und ihm seine guten Wünsche zu übermitteln. Die Bundesrepublik Deutschland versuche, ihren Beitrag zu leisten, damit der Krieg sobald wie möglich beendet sei. Er stehe im übrigen für Kontakte jederzeit zur Verfügung.

Botschafter Terechow fragt, ob der Bundeskanzler nach Beendigung des Konflikts neue Elemente des Ausgleichs sehe, insbesondere bei der Lösung der Palästinenserfrage.

Der Bundeskanzler erklärt, er sehe in diesem Punkt angesichts der Haltung von Präsident Bush und Außenminister Baker eine echte Chance. Auch in der amerikanischen Öffentlichkeit gebe es immer mehr Stimmen, die für einen Ausgleich plädierten. Der Nahe Osten bleibe auch nach dem Krieg ein Pulverfaß, wenn es nicht gelinge, die Hauptprobleme ernsthaft anzugehen und zu lösen. Erst müsse aber der Konflikt um Kuwait gelöst und beendet sein.

Botschafter Terechow meint, nach Beendigung des Konfliktes werde die Position Israels härter sein.

Der Bundeskanzler stimmt zu. Er habe in der Tat wenig Hoffnung auf Einsicht von Ministerpräsident Shamir. Wenn aber die Europäer sowie die Sowjetunion zusammen mit den USA, die den Schlüssel in dieser Frage in den Händen hielten, auf dieses Ziel hinarbeiteten, werde man möglicher-weise Erfolg haben. Man müsse ganz klar sehen, daß die arabischen Länder - wenn der Fall Kuwait erledigt sei - darauf drängen würden, daß auch die Resolutionen, die sich auf Israel und die besetzten Gebiete bezögen, durchgesetzt würden.

Botschafter Terechow stellt die Frage, ob der Bundeskanzler befürchte, daß der Irak versuche, die Türkei in den Konflikt hineinzuziehen.

Der Bundeskanzler erklärt, wenn der Irak die Türkei angreife, bestünde eine andere Lage. Er könne aber im Augenblick eine solche nicht erkennen.

Botschafter Terechow fährt fort, es gebe entsprechende Befürchtungen. Im übrigen werde dies auch möglicherweise amerikanischen Interessen entsprechen.

Der Bundeskanzler erklärt, dies glaube er nicht, zumal ein solcher Vorgang eine spätere Befriedung der Region erschweren würde. Man brauche nur an die Kurden-Frage zu denken.

Botschafter Terechow erklärt, es gebe natürlich auch noch andere Probleme. Dem Bundeskanzler seien die Äußerungen von Präsident Gorbatschow zu Litauen bekannt, insbesondere der von ihm ausgedrückte klare Wunsch, die Angelegenheit mit politischen Mitteln zu lösen.

Der Bundeskanzler erklärt, er habe sich zu diesen Fragen klar geäußert. Er brauche daher seine Position nicht zu verteidigen.

Botschafter Terechow erklärt, die Emotionalisierung der Diskussion auch in der deutschen Öffentlichkeit wirke natürlich auch auf die Sowjetunion zurück. Man dürfe nicht vergessen, daß die gegenseitigen Gefühle noch sehr labil seien. Deshalb sei es wichtig, daß auf alles, was in der Sowjetunion geschehe, mit Vorsicht reagiert werde.

Der Bundeskanzler beendet das Gespräch mit der Bemerkung, er möge bitte nach Moskau berichten, Helmut Kohl habe sich gegenüber Michail Gorbatschow nicht verändert.

(Dr. Hartmann)

 

[1] BArch, B 136/59734, 237-239.

Head of Department 2                                                                                                  

Bonn, 18 January 1991

M e m o r a n d u m

Subject: The Chancellor's Meeting with Soviet Ambassador Terechov on 17 January 1991

 

Ambassador Terechov, who had asked for a meeting with the Chancellor, says the following on behalf of President Gorbachev: The Soviet government had been informed an hour in advance about the US military action in the Persian Gulf. Thereupon, it urgently contacted the American leadership and asked that this action be postponed for one or two days to allow for the opportunity to make one last attempt of direct contact with Saddam Hussein. The intention behind this attempt was to convince him of the absolute necessity to withdraw his troops from Kuwait.

Unfortunately, the military action had already begun when the Soviet side was in contact with Washington. In this context, President Gorbachev had made an urgent appeal to Saddam Hussein, suggesting that he announce the withdrawal of his troops in an urgent and determined manner. The Soviet side appealed to Saddam Hussein's common sense and called on him to align himself with the interests of his people.

President Gorbachev thought that it was necessary for the Federal Government to take immediate measures to influence the Iraqi leadership. Of course, everyone should be interested in the local containment of the conflict in order to prevent a dangerous escalation.

President Gorbachev was ready to maintain constant contact with the Chancellor in the interests of finding a solution together.

The Chancellor explains that it is in our interest that the conflict in the Gulf be ended as quickly as possible and that any expansion be prevented. When the conflict is over, the problems of the region as a whole should be addressed. This was about permanent political solutions as well as economic solutions.

The Chancellor named the Palestinian question, the existence of Israel, and Lebanon as the most important problems.

He asked Ambassador Terechov to thank President Gorbachev for the message he had brought and to convey his best wishes to him. The Federal Republic of Germany was trying to do its part to end the war as soon as possible. He was also available for contact at any time.

Ambassador Terechov asks whether the Chancellor saw new elements of compromise after the end of the conflict, especially in solving the Palestinian question.

The Chancellor says that he saw a real opportunity on this point, given the position taken by President Bush and Secretary of State Baker. There were also more and more voices in the American public arguing for a balance. The Middle East would remain a powder keg even after the war if the main problems are not seriously addressed and solved. First, however, the conflict over Kuwait must be resolved and ended.

Ambassador Terechov believes that when the conflict is over, Israel's position will be tougher.

The Chancellor agrees. Indeed, he had little hope of insight from Prime Minister Shamir. But if the Europeans and the Soviet Union, together with the USA, who held the key to this question, worked towards this goal, success could possibly be achieved. One had to see very clearly that the Arab countries – when the Kuwait case is settled – would press for the resolutions related to Israel and the occupied territories to be enforced.

Ambassador Terechov inquires as to whether the Chancellor feared that Iraq was trying to draw Turkey into the conflict.

The Chancellor explains that if Iraq attacks Turkey, the situation would be different. But at the moment, he could not see it.

Ambassador Terechov continues, saying that there were corresponding fears. Incidentally, this might also be in line with American interests.

The Chancellor explains that he did not believe this, especially since such a process would make it more difficult to pacify the region at a later date. One only had to think of the Kurdish question.

Ambassador Terechov explains that there were, of course, other problems as well. The Chancellor was aware of President Gorbachev's statements on Lithuania, especially the clear desire he expressed to resolve the matter through political means.

The Chancellor says that he had made clear statements on these issues. He therefore did not need to defend his position.

Ambassador Terechov explains that the emotionalization of the discussion in the German public naturally also affected on the Soviet Union. One must not forget that mutual feelings are still very unstable. It was therefore important that everything that happened in the Soviet Union be reacted to with caution.

The Chancellor ends the conversation with the remark that he should please report to Moscow that Helmut Kohl had not changed in his relationship with Mikhail Gorbachev

 

[handwritten signature]

(Dr. Hartmann)

On behalf of Gorbachev, Ambassador Terechov complains that the Soviet government was only informed about the start of U.S. military operations in the Persian Gulf an hour in advance.


Document Information

Source

BArch, B 136/59734, 237-239. Contributed, transcribed, and translated by Stephan Kieninger.

Rights

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Original Uploaded Date

2023-01-20

Type

Memorandum of Conversation

Language

Record ID

300102