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September 9, 1993

The Chancellor's [Helmut Kohl's] Telephone Conversation with President Clinton on 7 September 1993

Gruppenleiter 21                                                                                                              Bonn, 8. September 1993

V e r m e r k

Betr.: Telefonat Präsident Clinton mit Herrn Bundeskanzler am 7. September 1993[1]

Am 7. September 1993 führte der Herr Bundeskanzler ein längeres Telefongespräch mit dem amerikanischen Präsidenten Clinton. Gegenstand des Gesprächs waren im wesentlichen die folgenden Themen: GATT; Rußland; NATO-Gipfel; Bosnien-Herzegowina.

1. GATT

Bundeskanzler erläuterte zu GATT seine Bemühungen, auf Frankreich einzuwirken. Er betone gegenüber der französischen Regierung stets, daß es das allerwichtigste sei, GATT erfolgreich abzuschließen. Das Abkommen werde dringend benötigt angesichts der weltweiten Rezession, der Schwierigkeiten der Industriestaaten sowie der Situation der Länder der Dritten Welt. Für F sei dies sehr schwierig. Dabei gehe es in Wahrheit aber nicht primär um die Frage von GATT. Die Schwierigkeit liege vielmehr durch die im übernächsten Jahr anstehenden Präsidentschaftswahlen im Politischen. Es gehe um die Startpositionen. Außerdem sei durch die Bauern eine starke Polarisierung der Politik erfolgt.

Der Bundeskanzler erläuterte dann, daß er unbedingt verhindern wolle, daß F am Ende mit einem leeren Stuhl operiere. Natürlich sei dies ein Poker, Seine französischen Gesprächspartner wüßten auch, daß dies nur bis zu einem bestimmten Punkt gehe. Er versuche in der Überzeugung zu helfen, daß wir alles daran setzen müssen, GATT zustande zu bringen.

Es müsse jetzt in der Europäischen Gemeinschaft darüber debattiert werden, wieweit die EG-Beschlüsse mit dem Blair-House-Agreement übereinstimmten. Dies müsse in der EG geregelt werden und nicht in Gesprächen mit ausländischen Staaten. Für den Erfolg der Gespräche sei sehr viel Psychologie notwendig.

Präsident Clinton dankte für die Erläuterungen. Er wies darauf hin, daß bei Neuverhandlung des Blair-House-Agreements ein Abkommen während seiner Präsidentschaft wohl nicht mehr zu erreichen sein würde. Die amerikanischen Bauern würden ihn dann in eine ganz andere, gegengesetzte Richtung zerren.

Präsident Clinton äußerte zusammenfassend volles Verständnis für die schwierige Situation. Man wolle verhindern, F angesichts seiner im wesentlichen politischen Probleme in Schwierigkeiten zu bringen. Ein Abgehen von den erzielten Vereinbarungen würde aber in den USA zu großen Schwierigkeiten mit den amerikanischen Bauern führen, die schon vor den Verhandlungen sehr kritisch gewesen seien.

Bundeskanzler und Präsident Clinton vereinbarten, sich über den Fortgang der Gespräche weiterhin telefonisch zu unterrichten.

2. Rußland 

Präsident Clinton bat den Bundeskanzler um Einschätzung der Lage von Präsident Jelzin und der Situation in Rußland.

Der Bundeskanzler bezeichnete beides als schwierig und teilweise irrational. Die Chancen lägen unter 50 %, vielleicht auch 50 % zu 50 %. Er bat Präsident Clinton, die bisherige gemeinsame Position beizubehalten und Rußland im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten zu helfen. Was nach Jelzin komme, werde mit Sicherheit nicht sehr gut sein. Präsident Clinton stimmte voll zu. Er sei dabei, das 25 Mrd. Hilfspaket und andere Zusagen im Kongreß zu behandeln sowie einige Handelsbeschränkungen aufzuheben und COCOM zu ändern. Bundeskanzler begrüßte diese Bemühungen.

NATO-Gipfel 

Clinton fragte nach den Überlegungen des Bundeskanzlers betr. Beziehungen der NATO zu den osteuropäischen Staaten und Erweiterung des Büdnisses.

Bundeskanzler begrüßte Gedankenaustausch zu diesem Thema und schlug vor, daß AL 2, Herr Bitterlich, bald zu vorbereitenden Gesprächen mit dem Weißen Haus nach Washington kommen sollte. Präsident Clinton stimmte zu sowie dem weiteren Vorschlag des Bundeskanzlers, daß er und Präsident Clinton in engen Kontakt treten sollten, bevor der Gipfel-Termin sich verfestige und die Papiere geschrieben würden.

Zur Sache erläutert Bundeskanzler, daß es absolut notwendig sei, ein Forum zu finden, - und er denke hierbei vor allem an Ungarn, die Tschechische Republik und Polen – um eine Regelung zu finden für eine Übergangszeit, von der man nicht wisse, wielange sie dauere, um das Sicherheitsinteresse dieser Länder aufzunehmen. Er wisse nicht, ob es möglich sei, zu einem Zeitpunkt wie heute eine Erweiterung der NATO in Betracht zu ziehen. Er habe Zweifel. Aber vielleicht lasse sich für die Beziehungen eine Zwischenlösung für eine nichtbestimmte Überganszeit finden, die ihre Bedürfnisse befriedige.

Präsident Clinton bestätigte, daß diese Überlegungen seinem eigenen Denken sehr ähnlich seien.

4. Bosnien-Herzegowina

Präsident Clinton bat Bundeskanzler um seine Einschätzung zur Lage in Bosnien-Herzegowina vor dem Hintergrund des Besuchs von Präsident Izetbegovic am 8. September 1993 in Washington.

Präsident Clinton erläutert, daß er in dem Gespräch mit Izetbegovic sehr hilfreich, aber auch nüchtern sein wolle. Es sei ihm sehr wichtig, daß zwischen den Konfliktparteien bald eine Vereinbarung erzielt werde. Er habe Präsident Jelzin gebeten, auf die Serben Druck auszuüben. Es wäre für die Bevölkerung in Bosnien-Herzegowina furchtbar, noch einmal einen Winter durchstehen zu müssen. Alle drei Parteien

müßten deshalb zu einer Vereinbarung kommen. Die Aussicht auf Luftangriffe (Air Strikes) sei gut und schön und könne die Aussicht auf eine Regelung verbessern. Ein Wundermittel sei es aber auch nicht. Deshalb sei es notwendig, eine Einigung zu erreichen.

Bundeskanzler unterstützte nachdrücklich die Notwendigkeit einer Einigung. Er traue, wobei er nicht von den Völkern spreche, weder der serbischen noch der kroatischen Führung. Wichtig sei auch, daß die USA und ihr Präsident nicht in eine ungute Entwicklung hineingezogen würden. Deshalb sei die Schlußfolgerung von Präsident Clinton richtig. Er solle Izetbegowic demonstrativ freundlich empfangen. Dieses Bild werde dann um die Welt gehen und beachtet werden. Gleichzeitig, ohne Druck auszuüben, müsse man versuchen - er habe das auch getan - zu einem Ergebnis zu kommen. Dies sei wichtig auch für die muslimische Welt. Bundeskanzler gratulierte Präsident Clinton in diesem Zusammenhang zu Erfolg der Bemühungen um eine Friedensregelung in Nahost. Gerade vor diesem Hintergrund habe man jetzt gegenüber der muslimischen Welt eine günstigere Position.

Präsident Clinton äußerte die Hoffnung, daß eine Nahost-Vereinbarung bald unterzeichnet werde.

5. US-Botschaft in Bonn 

Präsident Clinton erteilte Herrn Bundeskanzler zum Ende des Gespräches mit, daß der neue amerikanische Botschafter Dick Holbrooke jetzt ernannt sei und Anfang Oktober nach Bonn kommen werde. Er empfahl dem Bundeskanzler den neuen Botschafter mit warmen Worten als einen langjährigen Freund, außenpolitischen Experten und sehr klugen Mann, der sein persönliches Vertrauen genieße.

(Dr. Bertram)

 

 

[1] BArch, B 136/59748, 36-39.

Head of Division 21                                                                                                         Bonn, 8 September 1993

 

M e m o r a n d u m

 

Subject: Chancellor's Telephone Conversation with President Clinton on 7 September 1993[1]

 

On 7 Septmember 1993, the Chancellor had a long telephone conversation with U.S. President Clinton mainly on GATT, Russia, the NATO summit and Bosnia-Hercegovina.

1. GATT

The Chancellor elaborates on his efforts to work on France. In his contacts with the French government, he was emphasizing time and again that the most important aspect was to come to a successful conclusion of GATT. The agreement was urgently needed against the backdrop of the global recession and the difficulties in the industrialized states as well as in the Third World. This was very diffcult for France. In fact, this was not primarily a question of GATT. The difficulties were rather politicalll due to the President elections in 1995. It was about the starting positions for the elections. Moreover, the French farmers had contributed to a polarized domestic situation.

The Chancellor says that he absolutely wanted to avoid any situation which would leave France with empty hands at the end of the day. This was certainly a poker. His French interlocutors also knew that there was a limit at a certain point. He was trying to convince them that we ought to do everything we could in order to bring GATT to a fruitful conclusion.

Now, the European Communit ought to launch discussions about the extent to which the EC decision were compatible with the Blair-House-Agreement. This had to be resolved within the EC and not in talks with foreign countries. It needed a lot psychological skill to have successful talks.

President Clinton thanks the Chancellor for his explanations pointing out that in case of a new negotiation on the Blair-House-Agreement, it would presumably be impossible to achieve an agremeemend during this tenure. The American farmers would then pull him in a different and opposing direction.

As a whole, President Clinton expreses his full understandin for the difficult situation. One wanted to avoid trouble for France against the backdrop of its intricate domestic problems. However, any kind of departure from the previously agreed positions would lead to enormous dificulties with the American farmers who had already been very critical before the negotiations had even started.

The Chancellor and President Clinton agreed to call each and consult on the negotiations press.

2. Russia 

President Clinton asks the Chancellor for his assessment of developments in Russia and President Yeltsin’s situation.

The Chancellor says both things were difficult and irrational in part. The chances were less than 50 per cent or perhaps 50:50 at best. He asks President Clinton to maintain the current position and to assista Russia within the bounds of possibility. The things which would come after Yeltsin, would certainly be not very good. President Clinton fully agrees. Currently, he was busy having Congressional discussions on the 25 billion aid package for russia as well as other commitments. Moreover, he wanted to have trade restricted lifted and COCOM changed. The Chancellor welcomes these endeavors.

3. NATO Summit 

President Clinton queries about the Chancellor’s ideas in terms of NATO’s relations with the East Euroepan countries and NATO enlargement.

The Chancellor weclomes the exchange of thoughts on this issue and suggests that Head of Department 2 Bitterlich ought to come to Washington for preparatory talks. President Clinton affirms and agrees with the Chancellor’s proposition that both should enter into closer consultations when the summit was apporaching and the papers were written.

In terms of substance, the Chancellor reitertes that it was absolutely necessary to find a forum for an uncertain transitory time in order to cover the security interests of these countries, especially the Czech Republic, Hungary and Poland. He did not know whether it was feasible at all to contemplate NATO enlargement at the current point in time. He had doubts. But perhaps one could find a temporary solution for an indefinite time in order to satisfy their needs.

President Clinton says that these thoughts were very similar to his own idea.

4. Bosnia-Hercegovina

Präsident Clinton asks the Chancellor for his assessment of the situation in Bosnia-Hercegovina in the context of President Izetbegovic’s visit in Washington on 8 September 1993. President Clinton says that in the meeting with Izetbegovic, he wanted to be both very helpful but realistic at the same time. It was very important for him that the conflict parties would be able to achieve some sort of an agreement very soon. He had asked President Yeltsin to put pressure on the Serbs. It would be horrific for the populace in Bosnia-Hercegovina to suffer throughout another winter.

Hence, all the parties had to come to an agreement. The prospect for airstrikes was good to have and could facilitate the prospects for an agrement. But it was a miracle cure at the same time. Thus, it was essential to reach an agreement.

The Chancellor stongly underlined the necessity of an agreement. At the same time, he did not trust either the Serbian or the Croatian leadership. It was also important for the USA and for the President not to be drawn in a downward spiral. Thus, President Clinton’s conclusion was right. He should demonstratively give President Izetbegowic a very warm welcome. This image would go around the world and it would gain attention. At the same time, without applying pressure, one had to try to come to an agreement - he had done it much the same. This was also important for the Muslim world. Against the backdrop, the Chancellor congratules President Clinton on the success of his peace endeavors in the Near East. One was in a beneficial position toward the Muslim world against this background.

President Clinton expresses his hope for a timely signature of the Near East agreement.

5. U.S. Embassy in Bonn 

At the end of the conversation, President Clinton informed the Chancellor that the new American Ambassador Dick Holbrooke had just meanwhile been appointed and would arrive in Bonn in early October. Using warm words, he recommends the new Ambasador as a long-time friend, foreign policy expert and very wise man who had his personal confidence.

(Dr. Bertram)

 

[1] BArch, B 136/59748, 36-39.

Kohl and Clinton discuss plans for NATO enlargement and the need to find a modus vivendi for an intermediate period as a way to balance Russia's engagement and the security interests of the Central and East European countries. Kohl has doubts over the feasibility of NATO enlargement but is willing to search for an intermediary solution.



Document Information

Source

BArch, B 136/59748, 36-39. Contributed, transcribed, and translated by Stephan Kieninger.

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Original Uploaded Date

2023-09-27

Type

Telephone Conversation

Language

Record ID

300215